ORF-"Pressestunde"

Köstinger: EU-Einigung zu grünem Pass bis Sommer "Herausforderung"

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger: Europaweite Lösung unverzichtbar
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger: Europaweite Lösung unverzichtbarAPA/GEORG HOCHMUTH
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Österreich will bilaterale Reiseabkommen mit Nachbarstaaten treffen, wenn eine EU-Lösung scheitern sollte, sagt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. "Ideen", wie die Wahrheitspflicht in U-Ausschüssen abzuschaffen, will sie "nicht von vornherein verteufeln".

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sieht eine Herausforderung darin, mit allen EU-Staaten bis zum Sommer zu einer Einigung zum grünen Pass zu kommen, der das Reisen wieder ermöglichen soll. Scheitert dies, wolle Österreich bilateral mit Nachbarstaaten Vereinbarungen treffen, kündigte sie am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" an. Hierzulande werde der grüne Pass noch vor einer EU-Lösung umgesetzt und Türen in die Gastronomie, Hotellerie und Dienstleistungen öffnen.

Öffnungen gibt es am 19. Mai. Vorerst hat man Zutritt mit negativen Testnachweisen, Impfnachweisen oder Genesungsnachweisen. Ab Anfang Juni soll es in Österreich als „grünen Pass" eine App bzw. Webanwendung mit QR-Code geben, die später EU-weit Gültigkeit haben soll. Darin ist ersichtlich, ob man gegen Corona geimpft, negativ getestet oder genesen ist.

Anti-Pandemie-Begleitmaßnahmen bleiben vorerst aufrecht: Gästebeschränkungen, Abstand, FFP2-Maske, wenn man sich im Gastraum bewegt. Botschaft: "Mit dem Impffortschritt wird es uns gelingen, bis zum Sommer durchaus weitere Lockerungen in Aussicht zu stellen", kündigte die Politikerin an.

„Europaweite Lösung unverzichtbar"

"Als Tourismusland ist für uns eine europaweite Lösung unverzichtbar", sagte Köstinger. Auch andere Tourismusländer machten Druck. "Österreich wird bilateral mit Nachbarstaaten Abkommen ausverhandeln, so es keine EU-Lösung gibt." Die EU-Staats- und Regierungschefs verschoben diese Thematik auf den nächsten EU-Gipfel. Was in den einzelnen Ländern mit dem grünen Pass möglich ist, entscheidet der jeweilige Nationalstaat. In Österreich gilt man am 22. Tag nach der Erstimpfung als immun und kann etwa auf ein Schnitzel zum Wirt. In allen anderen Ländern gilt dies erst nach der zweiten Teilimpfung.

Datenschutzbedenken würden vom Gesundheitsministerium ernst genommen, so Köstinger. Daher sei auch die Idee vom Tisch, die E-Card zum grünen Pass zu machen. In den nächsten Wochen gebe es Gespräche mit Experten.

Bei der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastronomie hat Köstinger etwas Bewegung signalisiert. Während sie zuletzt betonte, dass eine Kennzeichnungspflicht für die Gastronomie bewusst als freiwillige Maßnahme im Regierungsprogramm vereinbart worden sei, sagte sie am Sonntag, dass der Kennzeichnung "Tür und Tor geöffnet" sei, wenn die geplante Umsetzung für Gemeinschaftsverpflegung und verarbeitete Produkte einmal mit einem lückenlosen Kontrollsystem funktioniert. "Dann führt an weiterer Kennzeichnung kein Weg vorbei." Zuerst müsse man aber bei den Großen ansetzen, bevor "Dorfwirte" drankämen. Köstinger erinnerte an das "Bürokratiemonster" der Allergenkennzeichnungen in Speisekarten. Zuletzt gab es ein kleines Match mit den Grünen um eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastronomie.

U-Ausschuss: Wahrheitspflicht-Vorstoß nicht verteufeln

Köstinger hat sich zu einer angedachten Reform von parlamentarischen U-Ausschüssen geäußert. Sie will "Ideen", wie jene von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) der die dort herrschende Wahrheitspflicht hinterfragte, "nicht von vornherein verteufeln". "Auch darüber kann man diskutieren", sagte sie und kritisierte den Stil im Ibiza-U-Ausschuss mit "Vorverurteilungen" und "Schmutzkübelkampagnen".

Es gehe um die Frage, wie man das wichtige Kontrollinstrument des Nationalrats und auch der Opposition weiterentwickeln könne, damit es nicht zu einem "politischen Schauspiel, einer politischen Löwingerbühne" verkomme, sagte Köstinger. Kürzliche Befragungen im Ibiza-U-Ausschuss hätten "gezeigt, dass die Qualität der Befragungen wegen Verfahren oder Ermittlungen (gegen die Auskunftspersonen, Anm.) nicht gegeben" gewesen sei.

Eine Weiterentwicklung gehöre diskutiert, sagte Köstinger. Ihr Parteikollege und Vorsitzender des Ibiza-U-Ausschusses, Sobotka, hatte gemeint: "Bei uns hat jede Person, die Auskunftsperson ist, eine ungeheure Sorge dort etwas Falsches zu sagen, weil sie dort unter Wahrheitspflicht steht."

Opposition: „Skandalöser Auftritt"

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ortete einen "skandalösen Auftritt" von Köstinger. Die Ministerin setze die "ungeheuren Attacken gegen das Parlament und den Rechtsstaat" fort und diskreditiere den U-Ausschuss. Besonders stieß sich Deutsch daran, dass Köstinger das parlamentarische Kontrollinstrument mit der "Löwinger-Bühne" verglich. Die "türkise Kurz-Truppe" unternehme alles, "um unsere rechtsstaatlichen Kontrollinstrumente zu zerstören", so Deutsch: "Sie ahnen wohl auch, dass es bald einen Corona-Untersuchungsausschuss geben könnte." Dem baue Nationalratspräsident Sobotka vor, indem er die Wahrheitspflicht abschaffen will.

Ähnlich die Kritik der Freiheitlichen: Der Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker, sah ebenfalls einen "Skandal-Auftritt" der ÖVP-Ministerin. Nicht nur, dass sie sich dazu verstiegen habe, die Abschaffung der Wahrheitspflicht zu einem positiven Beitrag zur Weiterentwicklung umzudeuten, habe sie auch die "Frechheit besessen", den U-Ausschuss quasi als politisches Schlammcatchen zu verunglimpfen. Köstinger habe damit einen "Offenbarungseid eines mangelnden Demokratieverständnisses" geboten.

(APA)

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