Sexify

Eine Jungfrau sucht nach der Orgasmus-App

„Sexify“ führt mit Leichtigkeit und Witz die Schwächen der katholischen Gesellschaft in Polen vor.

Natalia ist eine herausragende Studentin. Sie interessiert sich nicht für Jungs, trinkt keinen Alkohol, hält sich von Partys fern – und arbeitet hart an ihrem Abschlussprojekt, mit dem sie den Wissenschaftswettbewerb gewinnen will. Kaum zu glauben, dass die Protagonistin der Netflixserie „Sexify“ ein paar Folgen später im Sexshop Dildos begutachten und auf einer Sexmesse mit großen Augen Leuten dabei zusehen wird, wie sie einander auspeitschen. Aus rein wissenschaftlichem Interesse, versteht sich. Schuld daran ist der neue Professor. Der findet ihre Arbeit – eine App, die den Schlaf effizienter machen soll – zu wenig „sexy“. Also beschließt Natalia kurzerhand, statt des Schlafs den weiblichen Orgasmus zu erforschen und eine App zu entwickeln, mit der Frauen ihren Körper besser kennenlernen und leichter zum Höhepunkt kommen können. Und das von einer Jungfrau. Im katholischen Polen!

Brav beichten nach dem Sex

Immer öfter setzt Netflix bei seinen Produktionen auf nationales Flair und länderspezifische Besonderheiten. „Sexify“ ist nach dem Thriller „Das Grab im Wald“ erst die zweite Netflix-Produktion aus Polen. Die Serie führt auf liebevolle Weise die Schwächen der polnischen Gesellschaft vor, in der es um Frauenrechte bekanntlich nicht so gut bestellt ist.

Umso erfrischender wirkt es, wenn „Sexify“ mit Leichtigkeit und Witz verklemmte Familien aufs Korn nimmt, die sich das Osteressen mit Wodka lustig saufen. Wir folgen Natalias katholischer Freundin Paulina ins Schlafzimmer, die sich beim immer gleichen Sex mit dem Verlobten fadisiert und danach beim Beichten fragt, wie sie ihren Freund dazu bringen kann, sie zu befriedigen (das fassungslose Gesicht des Pfarrers ist sehenswert). Auch Monika hilft bei der Entwicklung der App mit: Sie hat jede Menge Sex, aber keinen Spaß dabei. Die drei sind das ideale Forscherteam: Jede bringt eine andere Perspektive ein. Gemeinsam richten sie ein „Kopulatorium“ ein, in dem sich Studentinnen vergnügen, bevor sie den Sex-Fragebogen ausfüllen, und basteln einen „Orgasmomaten“. Niemand wird belehrt, keine bekehrt. Natalia darf sich für den Richtigen aufheben, auch das ist nicht nur okay, sondern wunderbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2021)

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