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Erste Group-Chef Spalt: „Alle werden mehr Schulden haben“

(c) © Guenther Peroutka
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Die Krise bringe auch eine „historische Chance“, um das Eigenkapital vieler Unternehmen nachhaltig zu stärken, so Erste Group-Chef Bernd Spalt. Die Nullzinsen würden vorerst bleiben.

Wien. 2020 war ein außergewöhnliches Jahr für Bernd Spalt. Nicht nur, dass er wie der Rest der Welt mit der Corona-Pandemie konfrontiert war. Für Spalt war es gleichzeitig auch das erste Jahr an der Spitze von Österreichs größter Bank – der Erste Group. Und eine der Lehren nach einem Jahr Pandemie ist für ihn, dass es ein „Umdenken von der Effizienz zur Resilienz“ gegeben hat, so Spalt am Montagabend zu „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak, beim „Gespräch im Turm“, einer Veranstaltung der „Presse“ in Zusammenarbeit mit dem Wiener Städtischen Versicherungsverein.

Anstatt jedes wirtschaftliche Handeln auf möglichst viel Output auszurichten, würden wieder vermehrt Krisenpuffer eingebaut. Und man habe auch gesehen, was man eigentlich nicht brauche – manche Dienstreise etwa. „Ich freue mich schon wieder, persönlich bei unseren Kunden und eigenen Banken in Osteuropa vorbeizukommen“, so Spalt. Und auch mit den Investoren in London oder den USA werde man auch in Zukunft persönlich zusammentreffen. Viele Kongresse oder andere Veranstaltungen werde es künftig aber nicht mehr in der Form wie vor der Krise geben, ist sich der Erste Group-Chef sicher.

„Rücksicht auf Staatsschulden“

Für die Volkswirtschaften bedeute die Corona-Pandemie aber vornehmlich eines: „Alle werden nach der Krise mehr Schulden haben.“ Das gelte vor allem für die Staaten, aber auch für viele Unternehmen. „Die Schulden wurden jedoch zu einer Zeit aufgenommen, in der die Zinsen niedrig sind.“ Ein Grund dafür ist nicht zuletzt das von den Zentralbanken wie der EZB geschaffene Niedrigzinsumfeld. Und das werde „auch aus Rücksicht auf die staatlichen Schulden“ wohl noch längere Zeit so bestehen bleiben.

Der Abbau dieser Schulden könne nur durch Wachstum erfolgen. Und dafür brauche es auch mit Eigenkapital gestärkte Unternehmen. Die aktuelle Krise beinhaltet für Spalt daher auch „eine historische Chance“. „Wir haben massig viel Geld auf unverzinsten Konten herumliegen. Und wir haben eine Wirtschaft, die vor der Erholung steht. Man muss das Geld mit diesen Firmen zusammenbringen“, so der Erst Group-Chef.

Das würde einerseits dazu führen, dass ertragreiche Investitionen für Klein- und Mittelbetriebe leichter finanzierbar werden. Und andererseits, dass Anleger an diesen Ertragschancen auch partizipieren können. Als Vehikel für diese Lösung sieht Spalt einen KMU-Fonds, für den es etwa in Luxemburg bereits ein gutes Vorbild gäbe.

Dass über so einen Fonds bereits seit gut einem Jahr ohne konkrete Ergebnisse von Politik und Wirtschaft gesprochen werde, sei allerdings bedauerlich. „Wir reden über vieles, von dem wir wissen, dass es eine Lösung sein könnte. Aber es dauert immer sehr lange, bis etwas umgesetzt wird.“ So gäbe es etwa im Regierungsprogramm auch Pläne für die Stärkung des Eigenkapitals. „Das war jedoch ein Programm vor der Krise. Da ist vieles gut, aber manches nicht mehr passend.“

Mehr Provision, weniger Zins

Banken wie die Erste Group sieht Spalt hier vornehmlich als Vermittler zwischen jenen, die Geld investieren wollen und jenen, die es benötigen. Diese Rolle werde in einer Welt der niedrigen Zinsen auch generell wichtiger werden. „Es wir künftig mehr Vermögensverwaltung und mehr Provisionsgeschäft und dafür weniger Zinsgeschäft geben“, sagt Spalt.

Wenngleich es nicht in allen Ländern, in denen die Erste Group tätig ist eine Welt ohne Zinsen gäbe. „In Tschechien, Ungarn oder Rumänien werden wir sehr wohl Zinserhöhungen sehen.“ Osteuropa werde ohnedies stärker aus der Krise kommen als der Westen, da die Wirtschaft dort stark auf der produktiven Industrie aufbaue. Und die sei auch in der Pandemie kaum beeinträchtigt worden.

Dass er zum Nachfolger von Andreas Treichl an die Konzerspitze berufen wurde, erklärt sich Spalt im Rückblick heute übrigens so: Entscheidend sei gewesen, dass er während allen Phasen eines Konjunkturzyklus in den Regionen, in denen die Erste Group tätig ist, vor Ort gewesen sei. „Und das Risikomanagement zu beherrschen ist in diesen Zeiten auch kein Nachteil.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2021)

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