U-Ausschuss

Blümel entschuldigt sich für Gezerre um Aktenlieferung

"Im Nachhinein ist man immer gescheiter": Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigt sich und das jüngste Vorgehen rund um die Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss.
"Im Nachhinein ist man immer gescheiter": Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigt sich und das jüngste Vorgehen rund um die Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss.APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Finanzminister zeigt sich bereit, die Einstufung von bestimmten Akten herunterzusetzen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass man sich über deren Relevanz für den Untersuchungsausschuss einige. Die Opposition erneuert ihre Rücktrittsforderung.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Dienstag seine Vorgehensweise im Zusammenhang mit Aktenlieferungen an den Ibiza-U-Ausschuss erneut verteidigt. Dass er erst tätig geworden war, nachdem sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) um Exekution durch den Bundespräsidenten bemüht hatte, liege daran, dass man auf die Reaktion des VfGH auf die Gegendarstellung seines Ministeriums in dem Verfahren gewartet habe. Die FPÖ bekräftigte ihre Rücktrittsforderung. Am Montag tagt dazu der Nationalrat.

Auf den entsprechenden Termin hat sich am Dienstag die Präsidiale verständigt. Die Debatte ist für Mittag anberaumt. SPÖ, Freiheitliche und Neos wollen dabei neuerlich mit Anträgen Blümel aus dem Amt bewegen. Keine Verständigung gab es vorerst zur Herabsetzung der Vertraulichkeitsstufe der Akten aus dem Finanzressort. Morgen wird es dazu auf Einladung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ein Treffen der Fraktionsführer unter Beteiligung des Finanzministeriums geben. Der Finanzminister könnte die von ihm vorgelegten Unterlagen herunterstufen bzw. könnte es allenfalls zu einem formalen Umstufungsverfahren kommen.

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Bures: „Demonstrative Geringschätzung"

Erbost ist weiterhin die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Sie sprach in einer Aussendung von demonstrativer Geringschätzung einzelner Minister in der Zusammenarbeit mit dem Nationalrat und seinen Kontrollinstanzen. Sie fordert eine Sonderpräsidiale mit einem Umstufungsvorschlag zu den Vorlagen des Finanzministeriums. Auch FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker ist unzufrieden. Er will an der Sitzung mit Sobotka nur teilnehmen, wenn Blümel das auch tut.

Die Art der offenbar nur für das Parlament pauschal so klassifizierten Akten des Finanzministers in Stufe 3 sei nicht nachvollziehbar, erklärte Bures. Außerdem kritisierte die Zweite Nationalratspräsidentin in der heutigen Präsidiale "die respektlose Tonalität" mancher Regierungsmitglieder. Hafenecker meinte, Blümel könne sich auf eine Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gefasst machen, sollte die Herabstufung der Klassifizierung dieser Akten nicht erfolgen.

Blümel: Über Relevanz für U-Ausschuss einigen

Blümel selbst erklärte am Dienstag in einer Pressekonferenz, bereit zu sein, die Einstufung von bestimmten Akten herunterzusetzen, allerdings unter der Voraussetzung, dass man sich über deren Relevanz für den Untersuchungsausschuss einige. Neos-Fraktionschefin Stephanie Krisper nannte das in einer Aussendung ein weiteres bewusstes Düpieren des Parlaments: "Es ist nicht an Blümel, irgendwelche ,Angebote' zu machen - es ist seine Pflicht, das Erkenntnis des VfGH endlich rechtskonform umzusetzen und die relevanten Akten vollständig und in ihrer ursprünglichen Sicherheitsstufe zu liefern."

Blümel wiederum betonte, dass die Gegendarstellung von Wolfgang Peschorn, dem Chef der Finanzprokuratur, verfasst worden sei. Das Höchstgericht sei den darin formulierten Argumenten jedoch nicht näher getreten, und in der Folge sei es zur Lieferung der Daten gekommen, so der Ressortchef. Lieferbereit sei das Ministerium immer gewesen, es sei aber auch um die Rechte der Mitarbeiter und den Schutz der persönlichen Daten in den Postfächern gegangen.

„Im Nachhinein ist man immer gescheiter"

In einem Rechtsstaat sei es legitim, in strittigen Rechtsfragen juristische Möglichkeiten zu nutzen, verteidigte sich Blümel. Dass er alles richtig gemacht habe, wollte er auf Nachfrage nicht sagen, "ich würde differenzieren". "Im Nachhinein ist man immer gescheiter", meinte er. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sah die ÖVP bei einer Pressekonferenz dagegen "erstmals in einer Situation, wo es ihr nicht mehr gelingt, den Deckel auf allen Schweinereien draufzuhalten".

Kritik kam auch von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. "Es ist offensichtlich, dass Blümel die Aufklärung der türkis-blauen Machenschaften behindern will, wo es nur geht", meinte er in einer Aussendung. Der Fraktionschef der SPÖ im U-Ausschuss Jan Krainer (SPÖ) sprach im Ö1-"Mittagsjournal" vom "Papierln" der Parlamentarier und des Bundespräsidenten durch Blümel.

(APA/Red.)

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