Cambridge: Wie die Elite lernt – und feiert

(c) EPA (Chris Radburn)
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Im Vergleich zur britischen Eliteuni Cambridge sind österreichische Aufnahmeprüfungen ein Spaziergang. Schafft man die Hürde, warten aber vergleichsweise paradiesische Studienbedingungen.

Die Elite tanzt. Dienstags, donnerstags und sonntags sind die Clubs im englischen Cambridge voll. Es wird geschwitzt, getrunken und geknutscht. Ganz normale Studenten eben – mit einer Ausnahme: Sie besuchen eine der besten Universitäten der Welt.

Die Namen der Brücken, die den namengebenden Fluss Cam überspannen, sagen einiges über das Universitätsleben aus: Brücke der Seufzer, heißt eine. Mathematiker-Brücke, eine andere. Und dann gibt es noch die Orgasmus-Brücke. Zwischen Seufzen und Sex – wie elitär und exklusiv sind die Universität und ihre Studenten tatsächlich?

„Cambridge ist mehr als eine Universität. Cambridge ist ein Lebensstil, ein Netzwerk“, sagt Patrick Wollner, 21, der in Wien zur Schule ging. „Es macht Spaß, und obwohl man wirklich hart arbeiten muss, ist der Großteil der Studierenden zufrieden.“

Grund zur Zufriedenheit verschafft zunächst einmal das für österreichische Verhältnisse paradiesisch anmutende Lehrer-Studenten-Verhältnis. In allen Fächern diskutieren Studierende mehrmals wöchentlich in kleinsten Gruppen (maximal vier Studenten) mit einem Professor ihre Arbeit. Diese „Supervisions“ bilden ein Kernstück des Studiums.

„Work hard, play hard“, gilt – nicht nur laut Universitätsprospekt – als Motto für die Studenten. Die Trimester sind acht Wochen kurz und vollgepackt mit Arbeit. Doch niemand ist mit der Last allein, da alle Studenten in einem der 31 Colleges wohnen – dessen Mitglieder sowohl sie als auch die Lehrenden lebenslang bleiben. „Das kann schon mal zur interessanten Situation führen, dass ein Professor am Nachmittag wütend meine Arbeit in der Luft zerreißt, am Abend dann aber ausgelassen mit uns den Sieg der Rudermannschaft feiert“, erklärt Nikolaus Krall, der „Natural Sciences“ (Physik, Chemie, Biologie) studiert.

Basis für all das ist das mehrstufige Aufnahmeverfahren. Nur wer bei der Matura einen Notendurchschnitt von 1,3 erreicht, kann darauf hoffen, nach Einsenden von Bewerbungsschreiben und eigener Essays zu einem Interview geladen zu werden.

Kosten: 4000 Euro pro Jahr

Bis tief ins 20. Jahrhundert hinein waren zum Studium nur männliche Privatschulabsolventen zugelassen. Heute gibt es keine solchen formellen Zugangskriterien mehr.

Um den Ruf der abgeschotteten Eliteschmiede abzulegen, hat die Universität in den 1980er-Jahren Maßnahmen gesetzt, Studenten aus niedrigeren sozialen Schichten zu gewinnen.

Unterstützung bei der Finanzierung des Studiums bietet die Universität auch – wenn man die Konkurrenz aussticht. Knappe 4000 Euro betragen die Studiengebühren pro Jahr für britische und EU-Studenten. Trotz zahlreicher ausgeschriebener Stipendien greifen die meisten Studenten, die das nicht selbst finanzieren können, auf den Studienkredit der Regierung zurück. Die Gebühren werden vollständig übernommen und müssen erst zurückgezahlt werden, wenn eigenes Einkommen vorliegt.

Bezahlte Arbeit neben dem Studium wird nämlich nicht gerne gesehen – und Zeit dazu bliebe ohnehin kaum. Schließlich soll auch das eigene Sozialleben nobelpreisverdächtig gut sein. Und wer einmal eine Nacht in Cambridges vollen, verschwitzten Clubs verbracht hat, weiß, dass das mehr Arbeit als ein Laborexperiment sein kann.

Universität Cambridge

Die University of Cambridge ist mit Oxford eine der besten Hochschulen in Großbritannien. Im QS World University Ranking belegte die Uni 2010 den ersten Platz. 20.000 Studenten belegen hier Kurse. Alle sind in den verschiedenen Colleges auf dem Campus untergebracht. Die jährlichen Studiengebühren betragen 4000 Euro. [EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2010)

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