Wiener Ansichten

Warum das Himmelreich (noch?) in Simmering liegt

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Gurken, Paprika, Paradeiser: vom Überirdischen im irdischen Gärtnerglück.

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Das Himmelreich hab ich mir immer irgendwie anders vorgestellt. Mit Harfenton und Engelssang, wolkig schwebend, weltentrückt. Und dann das: Gewächshäuser, Gemüsestauden, agrarische Betriebsamkeit. Dazu diese Nachbarschaft: Hauptkläranlage, Müllverbrennung, Kfz-Verwahrstelle der Stadt Wien! Summa summarum klingt das eher nach Vorzimmer der Hölle denn nach ewiger Glückseligkeit.
Andererseits: Was sollte schon von einem Himmelreich zu hoffen sein, in das man mit dem städtischen Bus fahren kann? Jenes Himmelreich nämlich, von dem hier die Rede ist, liegt zwischen Simmering und Kaiserebersdorf, gibt bloß einer Flur den Namen. Schon der Franziszeische Kataster des 19. Jahrhunderts kennt es. Und wer sich fragt, wie ein doch eher weidlich irdisches Stück Land zu so überirdischer Zuschreibung kommen mag, wird im Volkskundlichen fündig: Für solche Namengebung sei meist, erfährt man da, „gute Bodenbeschaffenheit, fruchtbares Ackerland“ oder auch „hoch gelegene, freundliche Lage“ bestimmend gewesen. Nun ja, Letztgenanntes lässt sich dem bewussten Teil der Simmeringer Haide kaum nachsagen, also muss Erstes zutreffend sein.
Tatsächlich: An Fruchtbarkeit fehlt's hier offensichtlich nicht. Wenn es schon sonst nichts Celestiales vorzuweisen hat, so ist dieses Himmelreich doch eines der Gurken, Paprika und Paradeiser. Woran sich trotz unseres durchaus infernalen Stadterweiterungsfurors auch nichts ändern soll: Während transdanubisch, demnächst etwa im Donaufeld, stadtnahes Agrarland immer öfter unter Bauten aller Art verschwindet, bleibt der Simmeringer Gärtnerhimmel vorerst unberührt.
Doch wer weiß: Vielleicht haben die Wiener Stadtplanungsgötter in ihrem unerforschlichen Ratschluss demnächst ganz andere Ideen . . .

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