Kulturpolitik

Der Dancefloor gilt jetzt als Kulturstätte

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Der deutsche Bundestag stellt Tanzclubs mit Opernhäusern gleich. Das fordert auch die Wiener Szene. Aber was bringt es?

Die Kulturrevolution kam durch die Hintertür. Sie wurde nicht ausgerufen, sondern ausgeflüstert: am vorigen Freitag, in einem „Entschließungsantrag für die Beschlussempfehlung“ des Deutschen Bundestags. Das klingt zum Einschlafen, aber der Inhalt erregt die Gemüter, weckt Freude und Empörung. Denn die Parlamentarier fast aller Fraktionen (ausgenommen ist die AfD) fordern die Regierung auf, Tanzclubs nicht mehr als Orte des Freizeitvergnügens, sondern als Kulturstätten zu behandeln. Statt mit Spielhallen und Bordellen sollen sie fortan mit Opernhäusern und Museen gleichgestellt sein. Kurzum: Clubs sind Kultur. Auch die Vienna Club Commission, die Lobbyorganisation der heimischen Betreiber, fordert eine solche gesetzliche Anerkennung seit Jahren und darf ihr Wunschziel nun plötzlich in Reichweite sehen.

So wie manch andere, einmal mehr, den Untergang des Abendlandes: Diskotheken, diese Lasterhöhlen, in denen eine von Drogen befeuerte Meute von Hedonisten hemmungslos das Wochenende durchtanzt, sich die Kleider vom Leib reißt und sich in Darkrooms sexuellen Ausschweifungen hingibt – das soll Kultur sein? Womöglich gar Hochkultur? Aber auch von linksintellektueller Seite können sich die Nobilitierten nur misstrauisches Schulterzucken erhoffen. Die tanzende Jugend gilt als unpolitisch, dem Konsum verfallen, das wilde Treiben als zu kommerziell.

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