Vorstoß

Bau fordert Sanierungsoffensive für 140 Milliarden Euro

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Besser als CO2-Strafzahlungen sei die Sanierung von  Wohnhäusern und 60.000 öffentlichen Gebäuden, sind Gewerkschaft, Industrie und Global 2000 überzeugt.

Ein riesiges Sanierungsprogramm für Klimaschutz und Konjunktur-Ankurbelung nach Corona haben am Mittwoch Spitzenvertreter von Baugewerkschaft, Bauindustrie und Global 2000 gefordert. Es sollte auf zwei Jahrzehnte gerechnet 140 Milliarden Euro schwer sein, also 6 bis 7 Milliarden Euro im Jahr. Die Mittel sollten der thermischen Sanierung der 60.000 öffentlichen Gebäude sowie der Sanierung von Wohngebäuden und der hausbezogenen Infrastruktur dienen.

Rund je zur Hälfte sollten die Mittel von öffentlichen und privaten Geldern kommen. Neben einer Milliarde pro Jahr aus der Wohnbauförderung (WBF) könnte fünf Jahre lang der EU-Aufbauplan je 300 Millionen Euro beisteuern (von insgesamt 1,5 Milliarden Euro), weitere eineinhalb Milliarden pro Jahr könnten auf Mittel der Europäischen Investitionsbank (EIB) entfallen, rechnete Robert Schmid, Obmann im Fachverband Stein- und keramische Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) namens der Nachhaltigkeitsinitiative "Umwelt+Bauen" in einem Online-Pressegespräch vor.

Weitere zweieinhalb Milliarden Euro im Jahr sollten an privaten Mitteln mobilisiert werden - dafür sollte man die Hauseigentümer direkt ansprechen, da sie wohl ein Interesse hätten, ihr Eigentum durch Sanierungen aufzuwerten, sagte Schmid. Privates Kapital sei genug vorhanden, die Sparquote sei in der Krise stark gestiegen. Die öffentlichen Gelder sollten die zweite Hälfte, das private Geld, mobilisieren.

Bezüglich der Verteilung von europäischen Aufbaumitteln sowie EIB-Geldern sei man "in sehr guten Gesprächen", sagte Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch, ebenfalls als Vertreter von "Umwelt+Bauen". Zwei Gespräche mit dem Finanzministerium habe es bereits gegeben. Die Bundesländer mit ins Boot zu nehmen sei eine Aufgabe des Bundes. Es sei aber klar, dass nur im Zuge von Finanzausgleichsverhandlungen alle Länder ins Boot kommen könnten. Die würden wohl interessiert sein, da auch ihre Gemeinden und Städte von einem solchen Programm profitieren würden. Jede Milliarde Euro für die Sanierung könne bis zu 100.000 Jobs schaffen und sichern, davon allein 17.000 in der Bauwirtschaft.

„Wie bei der Impfung"

Nötig für das Funktionieren des Sanierungsprogramms sei "eine klare Koordination", so Schmid: "Das ist so wie bei der Impfung. Jeder macht ein bisschen mit, aber es fehlt die Gesamtverantwortung." Man brauche "eine ganz klare Koordinierungsstelle", egal ob im Wirtschaftsministerium oder woanders. Zur Zeit würde der Bausektor ein solches Paket gar nicht brauchen, verwies er auf die Hochkonjunktur am Bau und den Baustoffmangel. "Aber wir reden über zwanzig Jahre, wir schauen weit, weit in die Zukunft."

60.000 öffentliche Gebäude müssten fit gemacht werden, mehr als 1,9 Millionen Wohnungen seien "noch weit davon entfernt, klimafit zu sein", meinte der WKÖ-Vertreter und erwähnte auch die nach wie vor hohe Zahl von Öl- und Gasheizungen. Ehe man aus Öl- oder Gaskesseln aussteige, sollten bauliche Maßnahmen für eine thermische Sanierung ermöglicht werden: "Vorher muss der energetische Bedarf des Gebäudes optimiert werden." Bei den 1,9 Mio. Wohnungen und 60.000 öffentlichen Gebäuden werde das im Schnitt wohl 1400 Euro pro Quadratmeter kosten, deshalb spreche man in Summe von 140 Milliarden Euro für 20 Jahre oder 6 bis 7 Milliarden Euro pro Jahr.

Johannes Wahlmüller von Global 2000 nannte es positiv, dass die Bundesregierung die Mittel für die thermische Sanierung ausgeweitet habe. In klimafite Gebäude zu investieren sei besser als bis zu 9 Milliarden Euro an Strafgeldern zu zahlen, vor denen der Rechnungshof (RH) Österreich gewarnt habe. Da seien die jüngst nachgeschärften EU-Klimaziele noch gar nicht enthalten. Allein der Gebäudesektor in Österreich müsse in den nächsten zehn Jahren 4 Milliarden Tonnen CO2 einsparen. 40 Prozent der Gebäude in Österreich gehörten energetisch verbessert, in den besonders schlecht sanierten Gebäuden ließen sich 60 bis 70 Prozent der Emissionen und damit der Energiekosten einsparen, sagte Wahlmüller. Selbst bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gehöre die Hälfte der Gebäude den drei schlechtesten Klassen an. Die Sanierungsquote von 1,4 Prozent gehöre verdoppelt.

(APA)

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