Beeinflussung

Das Bundesheer und die China-Versteher

Den von Peking gegründeten Konfuzius-Instituten wird Propaganda und sogar Spionage unterstellt.
Den von Peking gegründeten Konfuzius-Instituten wird Propaganda und sogar Spionage unterstellt. Die Presse / Clemens Fabry
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Den von Peking gegründeten Konfuzius-Instituten wird Propaganda und sogar Spionage unterstellt. Das Bundesheer lernt trotzdem dort Chinesisch.

Wien. Richard Trappl ist jemand, der sich als China-Versteher bezeichnen ließe. Der 70-Jährige studierte in Peking, arbeitete mehr als drei Jahrzehnte an der Wiener Sinologie, gilt als blendend vernetzt. Die Botschaft des Pekinger Regimes in Wien empfiehlt ihn offen als einen jener österreichischen Experten, die China so verstehen, wie es verstanden werden will.

Wenig verwunderlich: Denn Trappl ist auch Direktor eines Sprach- und Kulturinstituts, das vom chinesischen Regime eingerichtet wurde, um das China-Bild der Welt zu beeinflussen. 550 Konfuzius-Institute gibt es weltweit. Sie sind dem Bildungsministerium Hanban zugeordnet und werden vom Regime mitfinanziert, das auch die Vizerektoren bestimmt. Das chinesische Lehrpersonal wird auf ideologische Festigkeit geprüft.

Nur eine Sprachschule?

„Das Konfuzius-Institut an der Universität Wien ist mit einem Sprachvermittlungsanbieter, wie etwa dem Instituto Cervantes oder den Berlitz-Sprachschulen, zu vergleichen“, schreibt Trappl der „Presse“. Mehrere Anfragen für ein Gespräch lässt er unbeantwortet.

Es ist eine Sicht auf die umstrittenen Institute, die er mit einem ungewöhnlichen Kunden teilt: dem österreichischen Bundesheer.

Ein Ministeriumssprecher bestätigt der „Presse“, dass Beamte für Chinesisch-Kurse ins Konfuzius-Institut fahren. In Ausnahmefällen kommen die Lehrer auch in Räume des Bundesheers, beispielsweise die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt.

Dazu werden im Konfuzius-Institut auch Dokumente des Bundesheeres übersetzt, die „nicht klassifiziert“ sind – also nicht als geheim eingestuft wurden. Die Zusammenarbeit mit den Chinesen laufe gut: Die Sprachkurse würden „sehr professionell“ und „mit höchster Qualität“ durchgeführt.

Das Konfuzius-Institut, eine Sprachschule unter vielen? Daran gibt es Zweifel. So haben zum Beispiel schwedische, deutsche und US-amerikanische Universitäten ihre Kooperation mit den Chinesen beendet. Sie verdächtigen die Institute, dem Propaganda-Apparat des Regimes zu dienen. Der belgische Geheimdienst beschuldigte den Vizeleiter des dortigen Konfuzius-Instituts der Spionage. Die Chefin der Konfuzius-Marke schockierte bei einer Konferenz im portugiesischen Braga die dort versammelten Sinologen, indem sie aus einem Programmheft ganze Seiten reißen ließ, weil diese den Pekinger Ideologen nicht passten.

Dass sich in den Konfuzius-Instituten Spione tummeln, die arglosen Österreichern den Kopf verdrehen, glaubt Mareike Ohlberg zwar nicht. Dennoch gibt die deutsche Sinologin ein erstauntes „Uiuiui“ von sich, als sie hört, dass ein strategisch wichtiges Ministerium mit einer der Einrichtungen kooperiert.

„Es ist typisch und bezeichnend, dass für wichtige Positionen, für die man eigentlich unabhängige China-Expertise brauchen würde, das Angebot vom Konfuzius-Institut gestellt wird“, sagt Ohlberg, die für die Stiftung German Marshall Fund forscht. Die Gefahr von geheimdienstlicher Tätigkeit beschäftigt nicht nur sie: Das Bundesheer lässt die Chinesisch-Lehrer vom Abwehramt prüfen, das für Spionageabwehr zuständig ist.

Dass österreichische Offiziere Chinesisch lernen, begann mit der Entsendung eines Militärattachés nach Peking im Jahr 1997. Damals gab es kein Konfuzius-Institut, die Chinesisch-Stunden wurden von Mitarbeitern der Sinologie gehalten, die über freie Dienstverträge entlohnt wurden.

Als dann zusätzlich zum Institut für Sinologie im Jahr 2006 ein Konfuzius-Institut an der Universität Wien gegründet wurde, kam der Wechsel.

Im Jahr 2010 folgte schließlich eine vertragliche Kooperation mit dem Institut aus Peking, die über die Uni Wien abgewickelt wurde. Die Bande des Bundesheeres zum Sinologen und Konfuzius-Direktor Trappl beschränken sich nicht nur auf Unterricht: Der Ex-Miliz-Offizier führt in seinem Lebenslauf die Mitgliedschaft in der Wissenschaftskommission des Verteidigungsministeriums an.

Unterricht für Diplomaten

Was genau vor 15 Jahren dazu geführt hat, das Bundesheer bei diesem Kultur- und Sprachprojekt Pekings pauken zu lassen, ist heute nur schwer zu rekonstruieren. In den vergangenen zwei Jahren wurden jeweils zwei Mitarbeiter ausgebildet, das Ministerium zahlte dafür 7900 Euro.

Mehrere Sinologen bestätigen der „Presse“, dass es auch ohne das Konfuzius-Institut genügend hoch qualifizierte muttersprachliche Lehrer in Wien gebe, die Sprachkurse in diesem Ausmaß durchführen könnten.

Neben dem Bundesheer unterrichtet das Konfuzius-Institut auch an der Diplomatischen Akademie – also bei der zukünftigen außenpolitischen Elite des Landes. Hier gab Trappl – selbst kein Muttersprachler – bereits lang vor der Gründung der heute umstrittenen Bildungseinrichtung Sprachstunden.

Das Außenministerium, das mitunter von der Diplomatischen Akademie rekrutiert, schicke selbst aber keine Mitarbeiter an das Konfuzius-Institut, so ein Sprecher: „Im Einklang mit der politischen Positionierung der EU erachtet Österreich die Volksrepublik China nicht nur als Partner und Mitbewerber, sondern auch als strategischen Rivalen, der ein alternatives Governance-Modell propagiert.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2021)

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