Die Ich-Pleite

Bald haben wir keine Ausrede mehr

Carolina Frank
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Bald brauchen wir uns nicht mehr vorzujammern, dass unser Leben ohne Höhepunkte und unsere Beziehungsalltage voller Tiefpunkte verlaufen.

Nächste Woche ist es so weit: Theater, Kino, Konzert, Kaffeehaus alles wird wieder aufsperren. Und wir dürfen wieder in großen Gruppen im Park zusammensitzen. Das haben wir bisher zwar auch gemacht, aber jetzt ist es wieder legal. Unsere Begrüßungsformel wird zwar noch ein paar Wochen lang: "Bist du schon geimpft?" lauten, und die Antwort wird bei vielen "Nein, aber getestet" heißen. Und manche werden sich vielleicht insgeheim wünschen, sie wären bei der Berufs- oder Bundeslandwahl pandemieorientierter gewesen. Aber das große Jammern ist vorbei. Und die Lockdown-Depression hat ein Ende.

Beim Kaffee oder beim Spaziergang mit der Freundin werden wir uns nicht mehr erzählen, dass wir Abend für Abend vor einem Streamingdienst versumpern, weil die Kultureinrichtungen geschlossen haben. Dass wir dabei mehr Alkohol konsumieren als in Studientagen, wo einem das wenigstens noch nicht aufs Gemüt geschlagen hat. Dass uns die Kleidungsstücke zu eng geworden sind, weil wir uns nach dem Home-Office nicht mehr aufs Radl schwingen und den Frust wegstrampeln müssen. Sondern einfach eine Packung Schokomandeln öffnen können. Dass wir uns als Frau nicht mehr gesehen fühlen, weil wir ständig Masken tragen müssen. Wie lang ist es her, dass uns beim Billa jemand angelächelt hat! Oder gar ein Kompliment gemacht. Gar nicht zu reden vom letzten Date! Da muss das Coronavirus noch mit den Fledermäusen geflogen sein. Aber das ist jetzt alles vorbei. Bald brauchen wir uns nicht mehr vorzujammern, dass unser Leben ohne Höhepunkte und unsere Beziehungsalltage voller Tiefpunkte verlaufen. Einziger Nachteil: Wenn wir unseren Freundinnen jetzt vorjammern, können wir den Lockdown nicht mehr als Grund angeben.

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