Streamingtipps

Endlich frei: Kommt, lasst uns den Ausbruch wagen!

Am Mittwoch kommt endlich die große Öffnung. Das ist zwar keine Kerkerflucht – wird sich für viele aber dennoch so anfühlen. Als Vorgeschmack empfehlen wir fünf Filme übers Ausbüxen.

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Die Überglücklichen

Von Paolo Virzì, 2016
Zu sehen auf Amazon

Auf den Eskapismus folgen die Eskapaden: Haben wir uns in sechs Monaten des kulturellen, gastronomischen, sozialen Lockdowns gerne mit der Flucht in Fantasiewelten bei Laune gehalten, so scheint der Moment des Ausbruchs aus der Isolation nun so nah wie nie. Der erste Spritzer im Gastgarten ums Eck, die erste Fahrt ans Meer, der erste Kinobesuch seit Langem – welch süße Abenteuer uns da wohl erwarten!

Auch im Film haben Ausbrüche immer mit Sehnsucht zu tun, oft mit einer Portion Trotz – und manchmal geht es nur darum, sich kurz einer Utopie hinzugeben, im Wissen, dass eine Rückkehr unvermeidbar ist. Für die bipolare Beatrice (Valeria Bruni Tedeschi), die sich für eine Gräfin hält, und die schwer depressive Donatella (Micaela Ramazzotti) trifft all das zu, als sie aus ihrer toskanischen Psychiatrie-Villa ausbüxen, um sich auf eine atemlose Irrfahrt zu begeben, auf der Suche nach Glück und Würde: für die eine ist das ein gepflegtes Dinner, für die andere ein Wiedersehen mit ihrem Sohn. „La pazza gioia“, „Die verrückte Freude“, lautet passenderweise der italienische Originaltitel dieses Roadmovies, das so überschwänglich wie aufrichtig von den Freuden und Leiden der beiden Unzurechnungsfähigen erzählt. (kanu)

The Maze Runner

Von Wes Ball, 2018
Zu sehen auf Netflix, Sky, Disney+

Im wohlig sicheren Refugium bleiben, das man sich nicht ausgesucht hat, oder auf eigene Faust die bedrohliche Außenwelt erkunden? Wie so viele der erfolgreichen, meist von Romanen adaptierten Jugendfilmreihen der letzten Jahre erkennt man auch im Handlungsbogen von „Maze Runner“ so manche Metapher für die Adoleszenz. Eine (mit einer Ausnahme) Bubengruppe bevölkert eine Lichtung, umgeben von hohen Mauern. Wie sie hierhergekommen sind, wissen die Teenager nicht. Die einen kümmern sich um Vieh und Feld, die anderen erkunden das Labyrinth hinter dem Tor, das sich Tag für Tag öffnet, auf der Suche nach einem Ausgang: ein schier endloses, von Monstern bevölkertes Gewirr aus Gängen, die sich täglich neu arrangieren. „Herr der Fliegen“ trifft Gameshow-Dystopie: ein zeitgeistiges Teenie-Experiment. (kanu)

Hounds of Love

Von Ben Young, 2016
Zu sehen auf Amazon

Ein mit seinen getrennt lebenden Eltern hadernder Teenager (Ashleigh Cummings) gerät in diesem beklemmenden australischen Psychothriller in die Fänge eines sadistischen, manipulativen Mörderpärchens. Bald begreift die kluge junge Frau, dass sie deren Reihenhaus nie mehr lebend verlassen soll. Und setzt alles daran, es doch zu tun – auch, indem sie die Beziehungsprobleme ihrer Entführer zuspitzt und gezielt gegen sie wendet. Achtung, Spoiler: Der Weg, der in Ben Youngs handwerklich souveränem Langfilmdebüt zur ersehnten Befreiung führt, ist ausgesprochen steinig – und nur etwas für Hartgesottene. Aber was für eine Befreiung! (and)

Toy Story 3

Von Lee Unkirch, 2010
Zu sehen auf Disney+

Ein Grund für die Langlebigkeit von Pixars populärer Spielzeuganimationsreihe ist der Chamäleon-Charakter seiner Wühlkisten-Protagonisten: Wie in jedem echten Kinderzimmer gibt es bei ihren Abenteuern keine Genrebeschränkungen. „Toy Story 3“ streifte sich etwa ein Sträflingskostüm über: Die Bande rund um Cowboy Woody und Astronaut Buzz Lightyear landet diesmal in einer Tagesstätte, die sich als Karzer unter der Leitung eines verbitterten Teddy-Despoten entpuppt. Die folgende Ausbruchsgaudi bedient sich motivisch bei allen erdenklichen Gefängnisfilmklassikern, von „Gesprengte Ketten“ bis zu „Flucht von Alcatraz“. (and)

Flucht von Alcatraz

Von Don Siegel, 1979
Zu sehen auf Amazon

Niemand, meint der Gefängnisleiter zum Neuankömmling, sei je von Alcatraz entkommen. Alle, die es probierten, wurden geschnappt, auf der Flucht erschossen – oder sind im eiskalten Wasser ertrunken. Der Neue hört schweigend zu. Und lässt, während der Direktor schwadroniert, einen von dessen Nagelstutzer mitgehen – um sich den Weg nach draußen freizuschaben. Wer nichts versucht, hat schon verloren. Clint Eastwood, Freiheits- und Männlichkeitsikone Hollywoods, bietet dem Staat auch ohne Cowboyhut Paroli.

Im Knastausbruchsfilm-Meisterwerk seines Regie-Mentors Don Siegel trotzt er den Unterdrückungsmechanismen der berühmten Haftanstalt (die hier wirkt wie die betongraue Ausgeburt eines boshaften Bürokratenhirns), indem er sich mit einem Afroamerikaner und anderen Außenseitern solidarisiert. Und als Künstler tätig wird: Eine Schädelatrappe aus Pappmaché täuscht neugierige Wächter. Siegels präzise Inszenierung überträgt den Existenzialismus französischer Genre-Klassiker (Robert Bressons „Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen“, Jacques Beckers „Das Loch“) gekonnt in die USA. Und nimmt in seinen Grundzügen Frank Darabonts „Die Verurteilten“ vorweg. (and)

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