Leitartikel

Schuld und Sühne auf der Politikerbühne

Hat Sebastian Kurz falsch ausgesagt?
Hat Sebastian Kurz falsch ausgesagt?APA
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Hat Sebastian Kurz falsch ausgesagt? Juristisch ist das unsicher. Aber man muss bei Volksvertretern auch strengere Maßstäbe anlegen als nur das Strafrecht.

Die FPÖ fordert den Rücktritt von Sebastian Kurz, weil gegen ihn ermittelt wird. Da mag noch der Ärger wegen des Platzens der türkis-blauen Regierung nach der Ibiza-Affäre mitschwingen. Trotzdem ist es verfehlt, den Rücktritt eines Kanzler zu fordern, weil gegen ihn ermittelt wird. Beschuldigter kann man vergleichsweise schnell werden. Auch Werner Faymann war dies als Kanzler in der Inseratenaffäre zwischenzeitig.

Die Sache darf man aber auch nicht so auf die leichte Schulter nehmen, wie Sebastian Kurz es in seinen öffentlichen Aussagen darstellt. Er werde einer Befragung durch einen Richter „sehr gern nachkommen“, meint er. Wenn man von einem Richter befragt wird, ist man aber bereits ein Angeklagter. Und falsche Beweisaussage (bis zu drei Jahre Haft) ist kein Kavaliersdelikt, das ein Bundeskanzler begehen sollte. Ein amtierender Kanzler als Angeklagter vor Gericht – das wäre ein absolutes Novum in Österreich. Und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat zumindest genug Vorwürfe zusammengetragen, um ein Verfahren gegen Kurz einzuleiten.

Verwunderlich ist, dass Kurz einerseits erklärt, vor dem U-Ausschuss nicht falsch ausgesagt zu haben. Aber andererseits betont, mit „einem Strafantrag“ (klingt viel schöner als „Anklage“, wenngleich es eine ist) gegen ihn zu rechnen. Das mag dienlich sein, um die „Alle sind gegen mich, obwohl ich nichts falsch gemacht habe“-These an die Wähler heranzutragen. Damit war Kurz im Wahlkampf 2019 auch sehr erfolgreich. Juristisch betrachtet ist die Sache aber viel komplexer.

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