Analyse

Pyrrhussiege gegen Vestager für Silicon Valley

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist seit fast sieben Jahren der Schrecken der Digitalkonzerne.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist seit fast sieben Jahren der Schrecken der Digitalkonzerne.Reuters
  • Drucken

Die EU-Wettbewerbskommissarin zieht zwar juristisch den Kürzeren, gewinnt aber den politischen Kampf gegen Steuertricks.

Brüssel. Nach Apple in Irland nun also auch Amazon in Luxemburg: In ihren beiden wichtigsten Verfahren zur Bekämpfung von wettbewerbsverzerrenden Steuermodellen hat sich Margrethe Vestager juristische Niederlagen eingehandelt. Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg (so etwas wie die erste Instanz für wettbewerbsrechtliche Fragen des Unionsrechts) befand am Mittwoch, dass Amazon von der Europäischen Kommission zu Unrecht zur Zahlung von 250 Millionen Euro an Körperschaftsteuern für die Jahre 2006 bis 2014 angewiesen worden sei. Die Kommission habe nicht stichhaltig belegen können, dass der US-Konzern an seiner Europazentrale im Großherzogtum unrechtmäßige Steuervorteile genossen habe. Im Juli vorigen Jahres hatte das Gericht in der Frage, ob Apple in Irland 13 Milliarden Euro an Körperschaftsteuer nachzahlen muss, inhaltlich gleich geurteilt.

Der Star der Kommission

Zweifellos sind das zwei bittere juristische Niederlagen für die Kommission und vor allem für Vestager persönlich. Inmitten all der politischen Krisen, in denen die Kommission sich nicht unbedingt rasender Popularität zu erwehren hat, ist die 52-jährige frühere dänische Vizeregierungschefin der unangefochtene Star der Brüsseler Behörde. Sie ist eine Politikerin, die eloquent und mit klarem Blick über eines der wichtigsten ordnungspolitischen Probleme des 21. Jahrhunderts reden kann – nämlich wie hegen die Demokratien die soziale, politische, ökonomische Macht der Digitalkonzerne ein? Und sie hat kraft ihres Amtes in der EU-Wettbewerbsbehörde auch die Mittel, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Diesen Nutzen hat auch Ursula von der Leyen erkannt. Sie machte Vestager, die nach den Europawahlen kurzzeitig im Rennen um den Posten der Kommissionspräsidentin war, zu einer ihrer Vizepräsidentinnen und beließ ihr das Wettbewerbsressort. Das ist ungewöhnlich. Üblicherweise erhalten Kommissare, die mehr als eine Amtszeit dienen, bewusst ein anderes Gebiet zugewiesen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.