Morgenglosse

Nur mit dem Pickerl zum Kickerl

CORONA: PRESSEKONFERENZ 'PCR-PILOTSTUDIE AN SCHULEN' / FASSMANN
CORONA: PRESSEKONFERENZ 'PCR-PILOTSTUDIE AN SCHULEN' / FASSMANNAPA/HERBERT NEUBAUER
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Während ganz Österreich auf den Grünen Pass wartet, werden in den Schulen ab heute 30 Millionen Sticker in Sammelpässe geklebt. Einmal mehr zeigt die Digitalisierung ihr österreichisches Gesicht.

30 Millionen Pickerl will Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ab heute den Schulen zur Verfügung stellen. Denn „Eins, zwei, drei – ich bin coronafrei“ lautet das Motto einer neuen Kampagne, bei der ab Montag 1,1 Millionen Schüler nach einem negativen Ergebnis bei den Corona-Tests in den Schulen einen Comic-Ninja in ein dazugehöriges Stickeralbum kleben. Dieses gilt für Schüler von nun als Nachweis für den Zutritt zu Sport, Gastronomie und Kultur und ist 48 Stunden gültig. Pünktlich zur Fußball-EM startet also die Panini-Schul-Strategie.

Grundsätzlich eine nette Idee. Immerhin verkörpert der Comic-Ninja in Anlehnung an den Hype unter jüngeren Kindern um die Ninjago-Lego-Figuren das Bild eines jungen, mutigen Kriegers (und Kriegerin!). Tatsächlich dürfen sich auch ältere Schüler, die sich regelmäßig testen lassen, hin und wieder mutig und tapfer fühlen. Immerhin wissen wir alle inzwischen, dass Verzicht (auf das eigene soziale Leben) und Teilnahme (an Tests und Impfungen) aus Solidarität durchaus heldenhaft sein kann. Nicht ohne Schmunzeln wird das Pickerlsammeln aber wohl bei manchen Oberstufen-Schülern ablaufen, die dann ebenfalls den Ninja-Nachweis zum Feierabendbier ins Stammlokal mitbringen müssen.

Etwaige Belustigung verdeckt dabei allerdings eine ernsthafte Debatte, die dringend zu führen wäre: Weil ein digitaler Nachweis für rund 2,4 Millionen Tests pro Woche „in der kurzen Zeit nicht umsetzbar gewesen“ und ein Papier-Zertifikat nicht administrierbar sei, wie Faßmann erklärte, hilft nur noch ein dilettantischer (Faßmann: „spielerischer“) Pickerl-Pass. Und das obwohl der Minister selbst betonte, „wir wollten hier keine Zettelwirtschaft erzeugen.“

Die bürokratische Unmöglichkeit, Testnachweise zu digitalisieren, raubt der Erwachsenenwelt in der Zwischenzeit jeden Glauben an eine schnelle, problemlose Umsetzung des Grünen Passes. Werden wir am Ende Restaurantbesuche, Flugreisen und den Friseurbesuch ebenfalls in einen Zehnerblock stanzen lassen müssen? Wollen wir es nicht hoffen. Denn selbst das kleine Tschochal ums Eck hat inzwischen eine App.

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