Rafael Nadal

Peitschenhiebe vom Matador

APA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE
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Länge, Topspin, Durchschlagskraft: Die wiedererstarkte Vorhand beschert dem Spanier nicht nur den Titel bei der French-Open-Generalprobe, auch das Selbstvertrauen ist zurück.

Rom. Rechtzeitig zur Rückkehr der Zuschauer auf die europäischen Centre Courts nimmt auch die Tennistour wieder an Fahrt auf. Bisher ist die Saison seit den Australian Open ein wenig dahingedümpelt, was vor allem daran lag, dass gleich vier der Top fünf des Vorjahres über weite Strecken auf Wettkampftennis verzichteten (Djokovic, Nadal, Thiem, Federer). Die großen Masters-Turniere gewannen jedenfalls andere, Hubert Hurkacz (Miami), Stefanos Tsitsipas (Monte Carlo), Alexander Zverev (Madrid).

Rechtzeitig vor dem zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres, den French Open in Paris (ab 30. Mai), sind die ganz Großen aber wieder da. Rafael Nadal gewann nach einer für seine Verhältnisse durchwachsenen Sandplatzsaison am Wochenende das Masters in Rom und damit die Generalprobe für Paris. Auf den letzter Drücker hat der Mallorquiner wieder in Erinnerung gerufen, dass es in der gesamten Sportwelt noch immer kaum eine größere Herausforderung gibt als ein Sandplatzmatch gegen den mittlerweile fast 35-Jährigen. Und auch Novak Djoković meldete sich in Rom mit seinem Finaleinzug zurück.

Nadal hatte heuer wenig gespielt, erst wegen Rückenproblemen, dann wegen der Pandemie, seine Form hatte darunter gelitten. In Barcelona erkämpfte er sich zwar den Turniersieg, in Monte Carlo und Madrid war hingegen schon im Viertelfinale Endstation. In Rom war beim Spanier nun wieder jene Intensität zu spüren, die seit jeher entscheidend für seinen Erfolg ist. Einher ging sie vor allem mit der wiedererstarkten Vorhand.

Fatales Gemisch

War Nadals Vorhand am Anfang der Turnierwoche noch unkontrolliert, wenig präzise und fehlerhaft, wurde sie nach und nach wieder zu seinem Paradeschlag. Im Finale gegen Djoković (7:5, 1:6, 6:3) war sie am Ende der Schlüssel zum Sieg. 26 Gewinnschläge produzierte Nadal mit der Vorhand, 15 davon alleine im ersten Satz. Das entscheidende Break im dritten Durchgang holte er sich dank dreier Vorhand-Winner.

Messungen ergaben ein für den Gegner fatales Gemisch: Fast einen Meter (96 Zentimeter) über der Netzkante zwirbelte Nadal seine Vorhandschläge im Schnitt ins Feld, also mit beachtlicher Länge und traumtänzerischer Sicherheit. Dabei produzierte er eine Topspin-Rate von 54 Ballumdrehungen pro Sekunde. Zusammen ergibt das im Schnitt eine Höhe von 1,24 Metern über dem Boden, in der Djoković die Bälle schlagen musste. Selbst für den Serben mit seinem Stellungsspiel und der überragenden Beinarbeit dieses Mal eine zu große Herausforderung (der bisher letzte Sandplatz-Sieg von Djoković über Nadal datiert aus Rom 2016).

Eine Augenweide und besonders wirkungsvoll einmal mehr: Nadals Linkshänder-Vorhand „Inside-Out“, also von der Einstand-Seite auf die Vorhand von Djoković. „Ich habe mit meiner Vorhand in den vergangenen Wochen immer besser gespielt, ich habe wieder Selbstvertrauen“, erklärte Nadal.

Dieses Selbstvertrauen und eine funktionierende Vorhand gehen beim Spanier Hand in Hand. Schon als er 2015/2016 die bisher größte Krise seiner Karriere durchlebte, war es die fehlerhafte Vorhand, die sein Selbstvertrauen erschütterte und ihn so in einen Teufelskreis schlittern ließ. Nun sagt er zu seiner größten Waffe im Schlagrepertoire: „Es gab Momente, in denen ich öfter die Linie entlang hätte spielen können als ich es getan habe. Aber das das Positive ist, die Winner und die Lösungen mit meiner Vorhand waren viel besser. Eine enormer Schritt für mich, ein sehr wichtiger Schlag. Vor allem auf Sand gibt mir das Selbstvertrauen.“

Im Gleichschritt

Vor allem hat Nadal seine Vorhand in Rom dazu genutzt, die Ballwechsel kurz zu halten. In den langen Rallies war es Djoković, der Vorteile hatte. Der Serbe bleibt nach diesem Finalauftritt auch Nadals erster Herausforderer bei den French Open. Djoković, der erklärt hatte, sich nur noch mit der Aussicht auf Grand-Slam-Titel zu motivieren, war es in dieser Saison bisher ähnlich wie Nadal ergangen. Seit dem Melbourne-Sieg hat er nun erst sein drittes Turnier gespielt, gewonnen hat er keines davon. Nun fand auch er zur Form zurück, im Entscheidungssatz gegen Nadal hatte er Breakchancen. Djoković: „Wenn ich es schaffe, so zu spielen, kann ich es auch in Paris ins Finale schaffen.“

(joe)

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