ÖH-Wahl

Die gewohnte linke Koalition wackelt

Die AG hat in den vergangenen Jahren stets die Wahl gewonnen. Koalitionspartner fand sie keinen.
Die AG hat in den vergangenen Jahren stets die Wahl gewonnen. Koalitionspartner fand sie keinen.Clemens Fabry
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Die Studierenden können von Dienstag bis Donnerstag ihre Stimme abgeben. Ihre Vertretung hat in der Pandemie mit Streitereien für Schlagzeilen gesorgt.

Ein Wahlsieg ist schön. Er bringt nur nicht immer viel. Jedenfalls nicht die Macht. Das kann die Aktionsgemeinschaft (AG) bezeugen. Die ÖVP-nahen Studenten haben bei den vergangenen ÖH-Wahlen stets die meisten Stimmen bekommen – die Hochschülerschaft durften sie dennoch nicht lenken. Es gelang ihnen nämlich nie, einen Koalitionspartner zu finden. So wurden die Studenten in den vergangenen zwölf Jahren immer von einer linken Exekutive vertreten. (Einmal abgesehen von den letzten Monaten, in denen die AG durch Turbulenzen zum Zug kam. Dazu später.) Doch eine Neuauflage einer linken Koalition nach der heute, Dienstag, startenden Wahl steht auf wackeligen Beinen.

Das hat viel mit den vergangenen zwei Jahren – insbesondere mit den letzten zwölf Monaten – zu tun. Nach der ÖH-Wahl 2019 hat sich eine linke Koalition aus den Grünen und Alternativen Studierenden (Gras), dem Verband sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und der unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) zusammengeschlossen. Sie verstand sich selbstverständlich als kritisches Gegengewicht zur Bundesregierung. Die war damals noch türkis-blau.

Ergebnisse ÖH-Wahl 2019
Ergebnisse ÖH-Wahl 2019Gregor Käfer

31-stündige Marathonsitzung

Als sie türkis-grün wurde, war die Positionierung nicht mehr ganz so einfach. Die grünen Studierenden wollten nicht zu sehr anecken. Das sorgte in der ÖH-Koalition für Debatten. Zum Eklat kam es im Juni 2020 bei einer 31-stündigen Marathonsitzung der Bundesvertretung, wie sich das Studierendenparlament nennt. Inhaltlich ging es um die Gründung eines eigenen Referats für Ökologie und Klimaschutz und die dafür notwendigen Zugeständnisse, die man der Opposition versprechen musste. Dabei kam es zu Differenzen zischen roten und grünen Studenten.

Der VSStÖ enthielt sich bei der Abstimmung über das Ökoreferat. Die Gras wertete das als Koalitionsbruch und sah sich nicht mehr an die Vereinbarung gebunden, den Vorsitz abzugeben. Der Wechsel an der ÖH-Spitze hätte nämlich routinemäßig in dieser Sitzung erfolgen sollen. Daraus wurde nichts. Nach der Sitzung war die Situation verfahren. Den Sommer über bestand die Koalition am Papier zwar weiterhin, es wurde aber kaum noch miteinander gesprochen.

Oft schafft es die Österreichische Hochschülerschaft ja nicht in die Schlagzeilen. Inmitten der Corona-Pandemie, als die Studierenden die Universitäten schon Monate nicht mehr von innen gesehen und vielfach ihren Job verloren hatten, gelang es. Allerdings mit unrühmlichen Nachrichten: „Linke ÖH geplatzt“ war im Herbst zu lesen. Die Fachschaftslisten stiegen im September aus der zerrütteten Koalition aus.

Danach wollte vorerst niemand die Führung übernehmen. Irgendwie kam dann in einem der vielen Wahlgänge doch die stimmenstärkste Fraktion zum Zug. Die AG stellt mit Sabine Hanger seither die ÖH-Vorsitzende. Mehrheit hat sie allerdings keine hinter sich. Dabei waren viele Koalitionsvarianten versucht worden.

Bundespolitik färbt auf ÖH ab

Interessanterweise wurde dabei auch eine Zusammenarbeit nach bundespolitischen Vorbild überlegt – also eine Koalition zwischen AG und Gras. Bisher war das undenkbar. Die grünen Studierenden schlossen es kategorisch aus. Nun gibt es – auch ähnlich wie auf bundespolitischer Ebene – zwei Gruppen: eine pro und eine contra Zusammenarbeit.

Gras-Spitzenkandidatin Keya Baier bevorzugt eine Neuauflage einer linken Exekutive. Dafür müssen die Gräben zwischen den linken Fraktionen aber erst zugeschüttet werden. Unmöglich ist das nicht. Denn mittlerweile haben in den meisten Gruppierungen neue Gesichter übernommen. Insofern könnte die AG am Abend des 20. Mai, wenn die Stimmen ausgezählt werden, zwar wieder über Platz eins jubeln. Es würde ihr aber vielleicht nicht viel bringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2021)

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