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Kalter Krieg im Nachwinter

Eiszeit beim Arktis-Gipfel in Reykjavik - und kein Anzeichen für eine politische Gletscherschmelze zwischen Washington und Moskau.

Ginge es bloß um die Außentemperaturen, könnte das Tête-à-tête der Außenminister der USA und Russlands auch in Österreich über die Bühne gehen und nicht in Island. Regen, Graupelschauer und zwischendurch blinzelt die Sonne durch die Wolkendecke: Die Bedingungen für die Eröffnung der Schanigartensaison unterscheiden sich in Wien nur marginal von jenen in Reykjavik. Wobei die Wiener weniger wettergegerbt sind als die Freiluft-Fanatiker zwischen den heißen Geysiren und brodelnden Vulkanen im Nordatlantik.

Beim Arktis-Gipfel in der isländischen Hauptstadt geht es auch um Eiszeit-Symbolik. Die erste Gesprächsrunde mit China legte US-Chefdiplomat Antony Blinken denn auch just nach Anchorage in Alaska, nahe dem Polarkreis, quasi zwischen Schlittenhunden und Eisbären. Das Treffen in Reykjavik zwischen Blinken und Sergej Lawrow, seinem russischen Widerpart, ist jetzt womöglich der Testlauf für einen Gipfel zwischen Joe Biden und Wladimir Putin an den Iden des Juni.

Als einander Ronald Reagan und Michail Gorbatschow 1986 näherkamen und ein Tauwetter einleiteten, gab Reykjavik den „Genius loci“. Im Kalten Krieg 2.0 sieht es im Nachwinter indes nicht nach politischer Gletscherschmelze aus – und schon gar nicht nach Sauna-Temperaturen wie bei der Trump-Putin-Show im Juli 2018 in Helsinki. Eher gefriert die Hölle.

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