Nahost

Heinz Fischer kritisiert Israel-Fahnen auf Regierungsgebäuden

Die Presse/Clemens Fabry
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Der österreichische Altbundespräsident fordert in einem Zeitungsbeitrag eine Friedenslösung statt Einseitigkeit im Konflikt Israels mit Palästina.

Altbundespräsident Heinz Fischer hat das Hissen der israelischen Fahne auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium in Wien kritisiert. "Besser als das Hissen der israelischen Flagge wäre es gewesen, in Europa Verbündete für eine starke europäische Friedensinitiative zu suchen und an politischen, ökonomischen und moralischen Grundlagen für Frieden zu arbeiten", schrieb Fischer in einem Gastkommentar der in der Dienstagsausgabe der "Wiener Zeitung".

Es sei bekannt, dass Israels Premier, Benjamin Netanyahu, "Innenpolitik durch Außenpolitik und Außenpolitik durch Innenpolitik betreibt". Daher empfinde Fischer es "als schmerzlich, dass gerade das neutrale Österreich in diesem tragischen Konflikt jetzt Einseitigkeit demonstriert". Damit drohe Österreich seine Neutralität und "seine (ohnehin nur noch schwache) Rolle als fairer Gesprächspartner für beide Seiten" aufzugeben.

„Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ 

Seine Aversion gegen jede Art von Antisemitismus sei ihm buchstäblich in die Wiege gelegt worden, schrieb Fischer über sich selbst. "Mein Großvater Jakob Fischer war Jude." Im Spätsommer 1963 verbrachte er mit einem Schulfreund im Kibbuz Sarid, wo er "Israel schätzen" gelernt habe, berichtete Fischer. "Durch Bruno Kreisky lernte ich aber auch eine zusätzliche Facette der komplexen Situation im Nahen Osten kennen, nämlich die schwierige und fast aussichtslose Situation vieler Palästinenser in diesem Teil der Welt." Er habe mehrere Male das Westjordanland und palästinensische Flüchtlingslager im Libanon besucht. "Die bestehende Situation ist für die Betroffenen zutiefst entwürdigend, unhaltbar, aber zugleich nahezu hoffnungslos. Und die israelische Politik entfernt sich immer mehr von echten Bemühungen um eine für beide Seiten erträgliche Lösung auf der Basis internationalen Rechtes."

Die israelische Siedlungstätigkeit auf palästinensischem Territorium sei "rechtswidrig und darauf ausgerichtet, die Basis für eine Zwei-Staaten-Lösung zu zerstören". Es sei, so Fischer, "nicht zu leugnen, dass ein Teil der Palästinenser in dieser Situation auch zu Gewalt und Terror greift, um der Übermacht entgegenzutreten, und Israel hat das Recht, sich gegen Angriffe aus dem Gazastreifen zu verteidigen und seine Bevölkerung zu schützen. Aber das muss - da es um Menschenleben geht - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschehen".

Fischer schloss seinen Beitrag damit, dass vielleicht Europa "gerade jetzt eine neue Chance für konstruktive Schritte in Richtung beider Konfliktparteien" habe, nachdem die USA mit Joe Biden einen neuen Präsidenten gewählt haben. "Dadurch könnte es etwas leichter sein, unsere historische Verantwortung für Israel mit der Verantwortung für die Menschenrechte der Palästinenser auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen oder zumindest erste Schritte in diese Richtung zu setzen. Das sollte und könnte ein gemeinsames Ziel sein."

(APA)

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