Arbeitslose bleiben seit der Coronakrise deutlich länger ohne Job. Das liegt unter anderem an den schlechteren Saisonen im Tourismus. Die Regierung hofft auf Besserung durch das Ende des Lockdowns.
Wenn alles nach Plan läuft, wird der heutige Mittwoch eine Wende einleiten: Mit den Öffnungen dürfte sowohl die Zahl der Arbeitslosen als auch die der Beschäftigten in Kurzarbeit signifikant zurückgehen. Rund 150.000 Menschen sollten durch das Ende der Schließungen wieder in Beschäftigung kommen, schätzt Arbeitsminister Martin Kocher. Davon dürften 130.000 aus der Kurzarbeit kommen und 20.000 aus der Arbeitslosigkeit. „Ich hoffe, dass wir im Sommer auf ein Niveau der Arbeitslosigkeit kommen, das zwar immer noch hoch ist, aber nicht mehr Rekordniveaus erreicht“, sagte Kocher am Dienstag.
Wegen der starken Dynamik auf dem Arbeitsmarkt veröffentlicht das Ministerium nach wie vor jede Woche die aktuellen Arbeitslosenzahlen. Diese Woche gibt es wegen einer IT-Umstellung beim Arbeitsmarktservice (AMS) nur Schätzungen. Im Vergleich zur Vorwoche ist die Zahl der Arbeitslosen demnach um 6000 auf 343.000 gesunken. Zusätzlich befinden sich unverändert rund 77.000 Menschen in Schulungen des AMS. Zur Kurzarbeit angemeldet sind derzeit 320.000 Personen. Allerdings gehen laut Kocher erfahrungsgemäß nur 60 Prozent der Angemeldeten am Ende tatsächlich in Kurzarbeit. Im Jahr 2020 bezogen 1,2 Millionen Menschen in Österreich Kurzarbeitsbeihilfe.
Neue Kurzarbeit demnächst
Die Regierung verhandelt derzeit mit den Sozialpartnern über die fünfte Phase der Kurzarbeit. Denn das derzeitige, überaus großzügige Modell der Corona-Kurzarbeit läuft Ende Juni aus. Man führe „sehr intensive Gespräche“, sagte Kocher. Man sei auf einem guten Weg, eine Lösung gebe es noch nicht. Er sei aber optimistisch, dass es in den nächsten ein, zwei Wochen eine Einigung über die Zukunft der Kurzarbeit gibt.
Noch lässt sich Kocher nicht in die Karten schauen. Die Kurzarbeit müsse spezifischer werden, es müsse weiter ein Angebot geben für die Bereiche, die sie noch brauchen. „Und in den anderen Bereichen, wo sie nicht mehr nötig ist, muss die Kurzarbeit zurückgefahren werden“, so Kocher. Eine große Pleitewelle erwartet der Arbeitsminister nicht.
Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass sich die Arbeitslosigkeit in Österreich durch die Coronakrise „eher vertieft als verbreitert hat“. Das geht aus Arbeitsmarktdaten hervor, die von OGM und der Austria Presse Agentur ausgewertet wurden. Die Zunahme der Arbeitslosigkeit seit März 2020 erklärt sich demnach zu 59 Prozent durch eine längere Verweildauer in der Arbeitslosigkeit und zu 41 Prozent durch mehr Betroffene. Basis der Analyse sind die Arbeitslosenzahlen ohne Schulungsteilnehmer im Zeitraum von März 2019 bis Februar 2020, die mit März 2020 bis Februar 2021 verglichen wurden.
„Die Arbeitslosigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen? Das würde ich nicht unterschreiben“, sagte der OGM-Experte Johannes Klotz. Das treffe vielmehr auf die Kurzarbeit zu. Mit der Corona-Kurzarbeit sei ein Großteil der potenziellen AMS-Fälle schon im Vorfeld abgefangen worden. Die meisten Arbeitnehmer, die seit Corona in Kurzarbeit waren, seien in den zwölf Monaten vor der Krise nicht arbeitslos gewesen. Mit der Kurzarbeit seien also vergleichsweise stabile Erwerbskarrieren gestützt worden, sagte Klotz.
Längere Verweildauer
Die längere Verweildauer in der Arbeitslosigkeit erklärt Klotz unter anderem damit, dass in Westösterreich viele Beschäftigte im Tourismus nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter arbeitslos waren. Ende Februar 2021 waren Arbeitslose im Durchschnitt 133 Tage ohne Job, ein Plus von 21 Tagen im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt. Ende April betrug die durchschnittliche Verweildauer schon 161 Tage, ein Plus von 81 Tagen im Vergleich zu April 2020. (hie)
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