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Kate Winslet brilliert als raue Kleinstadtpolizistin

Frustriert: Im Leben von Detective Mare Sheehan (Kate Winslet) läuft einiges schief.
Frustriert: Im Leben von Detective Mare Sheehan (Kate Winslet) läuft einiges schief.HBO
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In Jeans und Karohemd liefert der Hollywoodstar in „Mare of Easttown“ ein glaubwürdiges Porträt ab. Empfehlung!

Was für eine bedrückende Gegend! Von den holzgetäfelten Häusern bröselt die Farbe. Der Abfall stapelt sich, als gäb's keine Müllabfuhr. Und nachts sorgen Spanner in der Nachbarschaft für Verunsicherung. Die Menschen kennen und misstrauen einander. Und sie schauen weg, wenn es wieder einmal zu häuslicher Gewalt kommt. Grantig stolpert Detective Mare Sheehan durch den ungemütlichen Morgen, mit dem die Miniserie „Mare of Easttown“ (ab Freitag auf Sky) anhebt. Als sie der erste Anruf weckt, ist es noch Nacht, der folgende Einsatz so erfolg- wie sinnlos. Wie immer. Frustriert stopft sie sich danach hinter dem Lenkrad ein unappetitliches Fertigsandwich rein.

Es ist eine großartige Charakterstudie, die Hollywoodschauspielerin Kate Winslet („Titanic“, „Der Vorleser“) hier abliefert. Sie ist sich in der Rolle der Mare für nichts zu schade. Sie läuft in übergroßen Jeans, Karohemd, ungeschminkt und unfrisiert durch die Gegend, knallt die Füße in grauen Stricksocken auf den Tisch und kippt das Bier runter, als wäre es Wasser. Als Kleinstadtpolizistin macht sich Mare keine Illusion. Sie wird nie mehr zu tun bekommen als allein lebende alte Damen zu beruhigen oder den Junkie-Bruder einer Bekannten von der Straße zu lesen, mit den Worten: „Du kannst mitkommen oder dir hier die Eier abfrieren.“ Der Frust über ihr Leben, das in vielerlei Hinsicht schiefgelaufen ist, hat ihr Gesicht und ihre Seele verhärtet.

Oft nur das Zucken eines Mundwinkels

Doch Winslets sensibles Spiel – oft ist es nur das Zucken eines Mundwinkels – offenbart auch eine weichere Seite, die aber stets nur angedeutet wird. Schwächen kann sich Mare als Frau in diesem Umfeld nicht erlauben. Vielleicht hat sie sich deshalb auch einen so rauen Ton angewöhnt. Wenn sie Klartext spricht, dann verstehen das auch die Männer in diesem Kaff, in dem ein Jahr zuvor eine junge Frau verschwunden ist. Dass sie den Fall nicht aufklären konnte, ist eine der vielen offenen Wunden, die Mare zu schaffen machen. Als dann eine junge Mutter ermordet aufgefunden wird, trauen ihre Vorgesetzten Mare nicht zu, den Fall allein zu lösen. Sie bekommt unfreiwillig Unterstützung von Detective Colin Zabel, der sich mit der Lösung eines Cold-Case-Falles einen Namen gemacht hat.

Evan Peters (der superschnelle Quicksilver aus den „X-Men“-Filmen) gibt den smarten jüngeren Partner der frustrierten Ermittlerin – und beißt sich mit seiner Charmeoffensive bei ihr zunächst die Zähne aus. Auch bei ihm bleibt vieles angedeutet, als wollte er Winslet den Vortritt lassen. Sie würde die anderen glatt an die Wand spielen, wären nicht so gut wie alle Rollen hervorragend besetzt: mit Jean Smart („Samantha Who?“, „Fargo“) als Mares hassgeliebter Mutter, Helen, Julianne Nicholson („Boardwalk Empire“, „Masters of Sex“) als Freundin Luri und der spielfreudigen Angourie Rice („Letztlich sind wir dem Universum egal“) mit coolem Undercut als Mares Tochter Siobhan.

Auch wenn es in dieser Miniserie letztlich sogar drei Fälle zu klären gilt, wirkt die Story nie zerfranst. Die Krimihandlung bleibt bis zuletzt spannend. Aber vor allem geht es in „Mare of Easttown“ um eine trostlose Stadt, traurige Familienverhältnisse und eine traumatisierte Polizistin. Winslet lässt diese Figur fragil und stark zugleich wirken. Ein glaubwürdiges Porträt. Empfehlung!

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