Brüssel-Briefing

Das süße Gift der Online-Pressekonferenz

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BELGIUM-EU-POLITICS-HEALTH-VIRUSAPA/AFP/POOL/VIRGINIA MAYO
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Seit mehr als einem Jahr halten sich Kommission und Regierungen uns Journalisten fast durchwegs physisch vom Leib. An den Videokonferenzen haben sie soviel Gefallen gefunden, dass sie nun Pläne wälzen, sie zur Dauereinrichtung zu machen - womit sie sich unbequemen Fragen noch einfacher entziehen könnten.

Ich weiß noch ziemlich genau, wann ich zum letzten Mal physisch an der wochentäglichen Pressekonferenz der Europäischen Kommission teilgenommen habe: es war knapp vor dem ersten Lockdown in Belgien, also Anfang März, und viele meiner Gesprächspartner hatten schon in den Wochen zuvor seltsam geschaut, wieso ich keine Hände mehr schütteln, sondern nur mehr den seither landläufigen Ellbogengruß machen wollte. Ich teilte mein Fläschchen Handdesinfizierungsgel mit der Kollegin von der „New York Times“, Abstand mussten wir im großen Auditorium des Berlaymont-Gebäudes nicht halten.

Worüber Brüssel redet

Seither war ich nicht mehr dort (mit Ausnahme von vier oder fünf Journalistentreffen mit Kommissar Johannes Hahn sowie seiner Präsidentin, Ursula von der Leyen. Da sitzt man dann maskiert um einen pharaonisch großen Konferenztisch und brüllt Fragen durch die FFP2-Schicht). Das „Midday Briefing“ der Kommission findet seither, ebenso wie alle Pressekonferenzen einzelner Kommissare und die wertvollen Hintergrundbriefings mit den technischen Experten der jeweiligen Sachgebiete, via Interactio statt. Das ist eine Konferenzsoftware eines litauischen Startups, welche auch die Beischaltung von Simultandolmetschern erlaubt; meiner nun einjährigen Erfahrung nach stabiler als Zoom, Teams, oder Webex (über Skype for Business sei der Mantel des Schweigens ausgebreitet). Das läuft dann so: wer eine Frage stellen will, klickt auf einen Knopf, sobald er dran ist, klickt er auf einen zweiten.

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