Novelle

Grüner Pass: Kritik an geplantem Datensammeln wächst

Symbolbild: Grüner Pass
Symbolbild: Grüner PassGetty Images/iStockphoto
  • Drucken

IT-Experten der Sozialversicherung stellen den geplanten Starttermin infrage. Gemeindebund und Ärztekammer orten indes ein "unnötiges Datensammeln“. Der Gesundheitsminister beschwichtigt.

Trotz anhaltender Kritik an der Novelle des Epidemie- und Covid-Maßnahmengesetzes soll die entsprechende Regelung bereits kommende Woche vom Nationalrat beschlossen werden. Für Mittwoch ist eine Sondersitzung nur zu diesem Thema geplant. Begründet wird die Eile damit, dass die Novelle Voraussetzung für den QR-Code sein soll, der Impfung, Testung oder Genesung nachweist.

Änderungen gegenüber den ursprünglichen Plänen sind freilich nicht ausgeschlossen. Denn in der Begutachtung hagelte es Kritik. Der Dachverband der Sozialversicherungsträger lehnt die Sammlung von Sozialdaten von Bürgern ab. Der für die Übermittlung der Daten zuständige Dachverband begründet dies in seiner Begutachtungsstellungnahme damit, dass Zweck, Umfang sowie Dauer der Datenverarbeitung im Gesetz nicht definiert sind. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) will eine datenschutzkonforme Lösung finden.

„Sicherheit der Daten nicht mehr zu garantieren“ 

"Abgelehnt wird jedenfalls eine Übermittlung von Daten der Versicherten der Sozialversicherungsträger auf Basis dieser Rechtsgrundlage", hielt der Dachverband in seiner Stellungnahme fest. In einem internen Schreiben wird laut "Standard“ überdies das geplante Startdatum des Passes angezweifelt. Die Geschäftsführer der IT-Services der Sozialversicherung erklären, dass der Starttermin 4. Juni "aus technischer Sicht mutmaßlich nicht zu halten" sei. Das Gesundheitsministerium verwies darauf, dass der Zeitplan einvernehmlich - auch mit der Sozialversicherung - festgelegt worden sei. Man gehe davon aus, dass dieser halten werde.

"Glauben Sie mir, mir ist Datenschutz ganz wichtig!", betonte der zuständige Minister Mückstein in einer Pressekonferenz, "wir werden eine datenschutzkonforme Lösung finden". Aber auch die Wissenschaft sei eben auf diese Daten angewiesen, verteidigte er das Vorhaben. Das Ministerium sei in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, eben diese nicht liefern zu können. "Klar muss auch sein, dass wir Daten brauchen, um politische und medizinische Entscheidungen zu treffen", so Mückstein.

Auch die Ärztekammer lehnt "unnötiges Datensammeln" ab. "Es steht außer Frage, dass die Verknüpfung von Gesundheitsdaten Vorteile hat, wenn es etwa darum geht, neue Einsatzbereiche für Medikamente zu identifizieren. Die aktuellen Pläne des Gesundheitsministeriums gehen aber deutlich zu weit", kommentierte Präsident Thomas Szekeres den Gesetzesentwurf und weiter: "Diese Absicht steht im Widerspruch zu allem, was wir im Sinne des Schutzes unserer Privatsphäre erwarten können."

„Aus technischer Sicht Starttermin nicht zu halten“

Kritisch zu diesen Plänen äußert sich auch der Gemeindebund. Er ortet ebenfalls datenschutzrechtliche Probleme und kritisiert, nicht eingebunden worden zu sein obwohl unter anderem auch die Gemeinden für die Zurverfügungstellung der Zutritts-Zertifikate zuständig sein sollen. Zweifel am Zeitplan meldet unterdessen jener Dienstleister an, der Teile der technischen Umsetzung des "Grünen Passes" verantwortet. In einem internen Schreiben erklärte der Geschäftsführer der IT-Services der Sozialversicherung laut "Standard": "Durch die Politik wurde der Wunsch eines Go-live am 4. Juni 2021 vorgegeben. Aus technischer Sicht ist dieser Starttermin mutmaßlich nicht zu halten." Eine "gesicherte Timeline" könne kommuniziert werden, sobald "die Anforderungen geklärt sind".

Kritik an der geplanten Datensammlung kam auch erneut von der Opposition. "Am Ende des Prozesses steht ein gläserner Bürger. Dieses Projekt ist schlicht inhuman und darf ohne explizite Zustimmung jedes einzelnen Menschen keinesfalls umgesetzt werden", meinte etwa FPÖ-Obmann Norbert Hofer. "Zurück an den Start" wollen die Neos. Gesundheitssprecher Gerald Loacker forderte eine Lösung, "die Forschung ermöglicht, ohne den Schutz persönlicher Daten zu opfern". Für SPÖ-Mandatar Christian Drobits ist die Datensicherheit der Bevölkerung "unumstößlich".

Auf einen Blick

In der Novelle des Epidemie- und des Covid-Maßnahmengesetzes, mit der der Grüne Pass umgesetzt wird, ist eine großangelegte Sammlung von Daten fast aller Bürger vorgesehen. Konkret soll ein Register entstehen, in dem Covid-19-Erkrankte und Geimpfte zusammengeführt werden und mit ihren Daten über das Erwerbsleben, das Einkommen, etwaige Arbeitslosigkeiten, den Bildungsweg, Reha-Aufenthalte und Krankenstände verknüpft werden. Zudem soll der Gesundheitsminister ermächtigt werden, per Verordnung weitere Daten aus allen Ministerien anfordern und anlegen zu dürfen.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der Grüne Pass soll ab 1. Juli Reiseerleichterungen für Geimpfte, Getestete und Genesene bringen. (Symbolbild)
Abstimmung

Corona-Pass: Grüne wollen sich im EU-Parlament enthalten

Die Delegation weicht in dieser Frage von Gesundheitsminister Mückstein ab. Es sei unsicher, ob das Virus noch von Geimpften und Genesenen übertragen werden könne, so die Begründung.
Zertifikat

Grüner Pass: QR-Code für Corona-Genesene jetzt abrufbar

Über gesundheit.gv.at sind nun die Meldungen aus dem Epidemiologischen Meldesystem aller Genesenen übertragen. Wer eine Covid-Infektion in den letzten sechs Monaten überstanden hat, hat nun ein Zertifikat zur Verfügung.
GERMANY-HEALTH-VIRUS-TRANSPORT
Corona

Grüner Pass: Ein Start mit Komplikationen

Seit Donnerstag gibt es nun also eine erste Version des Grünen Passes – nur für Getestete und Genesene, und ganz simpel zu handhaben ist das System auch für diese (noch) nicht.
Coronavirus

Grüner Pass: EU-Parlament segnet Covid-Zertifikat ab

Der „Grüne Pass“ der EU zum Nachweis von Covid-Impfungen, -Tests und überstandenen Erkrankungen ist auf den letzten Metern. Nun braucht es die Zustimmung der EU-Staaten, damit der Pass vor der Haupt-Urlaubssaison eingeführt werden kann.
(Symbolbild)
Zertifikat

Grüner Pass mit QR-Code startet vorerst ohne Geimpfte

Die ersten Zertifikate mit EU-konformen QR-Codes können vorerst nur Genesene und Getestete digital erstellen und abrufen, Geimpfte sollen im „nächsten Schritt“ mit eingebunden werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.