Nationalrat

"Kommt nicht infrage": Verlängerung von Ibiza-U-Ausschuss abgelehnt

Ginge es nach ihm, gäbe es noch viel aufzudecken: Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss.
Ginge es nach ihm, gäbe es noch viel aufzudecken: Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss.APA/HELMUT FOHRINGER
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Ein Verlängerungsantrag von SPÖ und Neos um weitere drei Monate blieb in der Minderheit. Die beiden Parteien haben nun eine Petition für die Verlängerung gestartet.

Der Ibiza-U-Ausschuss wird nicht verlängert, er endet am 15. Juli. Ein Verlängerungsantrag von SPÖ und Neos um weitere drei Monate blieb zum Abschluss des Nationalratsplenums am Donnerstagabend in der Minderheit, ÖVP und Grüne stimmten dagegen.

In der Debatte gab es seitens der Opposition erneut Appelle an die Grünen als kleinen Regierungspartner, die Verlängerung doch noch zu unterstützen. Diese lehnten dies aber mit dem Argument ab, dass es der Opposition frei stünde, jederzeit einen neuen Ausschuss einzusetzen. SPÖ und Neos starteten indes eine parlamentarische Petition für die Verlängerung, für die bis zum Zeitpunkt der Abstimmung im Plenum fast 7000 Zustimmungserklärungen vorlagen.

Krisper: „Müssten von Null anfangen"

SP-Fraktionsführer Jan Krainer rekapitulierte vor der Abstimmung, dass die ÖVP seit Einsetzung des U-Ausschusses Anfang 2020 dessen Arbeit verzögert und zu sabotieren versucht habe. Vier Fraktionen hätten sich konstruktiv eingebracht. Die ÖVP sei "die eine Fraktion, die nur durch Destruktivität auffällt". Die Grünen wiederum, so Krainer, "machen jenen die Mauer, die politische Aufklärung verhindern".

Stephanie Krisper, Fraktionsführerin der Neos, erinnerte daran, dass es im Ausschuss um die "mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" geht. "Wenn wir nicht verlängern, war das Spiel auf Zeit erfolgreich, und es ist Schluss mit Aufklären", warnte sie vor der Taktik der Volkspartei. Würde ein neuer U-Ausschuss-Antrag notwendig, müsse man bei Stunde Null anfangen, Akten neu anfordern etc. "Sie kennen die ÖVP jetzt gut. Glauben Sie, die verhält sich dann anders?", fragte sie in Richtung der grünen Klubchefin Sigrid Maurer.

Hafenecker: „Tiefem Staat nachgehen"

Christian Hafenecker (FPÖ) nahm ebenfalls die Grünen in die Pflicht und attestierte ihnen, dass deren stolz plakatierter Anstand sich längst von ihnen abgewandt habe. Es sei beispiellos, was der U-Ausschuss bereits zutage gefördert habe, deshalb werde die Regierungsseite nervös und drehe ihn ab. "Wir werden eine Option finden, wie wir da weitermachen können", versprach er: "Die ÖVP hat hier einen Tiefen Staat errichtet. Wir werden nicht aufhören, diesem Tiefen Staat nachzugehen."

Hanger: „Verlängerung kommt nicht infrage"

Von der ÖVP kam erneut eine fundamentale Zurückweisung der Oppositionsvorwürfe. "Du weißt ganz wenig, weil du hast noch keinen einzigen Beweis auf den Tisch gelegt, dass deine Vorhalte richtig sind", sagte Fraktionschef Andreas Hanger Richtung Krainer. Es sei kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten, und der "Unterstellungsausschuss" habe bereits zwei Millionen Euro gekostet. Folgerichtig legte er sich fest: "Eine Verlängerung dieses Ausschusses kommt für uns nicht infrage." Zudem brauche es eine Reform der Geschäftsordnung für ein faires Miteinander.

Maurer: Keine Neuwahlen riskieren

Grünen-Klubchefin Maurer ließ die Argumente von SPÖ und Neos nicht gelten, fuhr aber auch Hanger in die Parade. Sie verurteilte dessen "pauschale Abkanzelung des Untersuchungsausschusses". Was sinnvolle Kontrolle sei, habe nicht die Partei zu definieren, die im Fokus der Untersuchungen stehe, ließ sie ihn wissen. Dennoch verteidigte sie die Vorgehensweise der Grünen. Würde man mit der Opposition stimmen, riskiere man Neuwahlen: "Es wäre naiv zu glauben, die ÖVP würde sich das gefallen lassen."

Maurer erinnerte aber daran, dass es die Grünen gewesen seien, die das Instrument des Untersuchungsausschusses massiv gestärkt hätten, indem man es zu einem Minderheitenrecht gemacht habe. "Es liegt in Ihrer Hand, liebe Opposition, den Untersuchungsausschuss wieder einzusetzen, wie auch immer Sie wollen", sagte sie. Der Vorwurf, dass nun 1,5 Millionen Akten geshreddert und dann wieder beschafft werden müssten, ließ sie nicht gelten. Hier ließe sich sicher eine pragmatische Lösung finden, so Maurer.

(APA)

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