NETHERLANDS-EUROVISION
ESC

Song Contest: Österreich scheidet im Halbfinale aus

Es hat nicht gereicht für Vincent Buenos Einzug ins Finale. Weitergekommen sind ein paar Favoriten und ein paar austauschbare Kandidaten.

Vielleicht waren es zu viele Balladen, die im zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest miteinander konkurrierten. Vielleicht war die Bühnenshow doch zu puristisch, der Song zu schwach. Woran es auch lag, es macht keinen Unterschied: Am Ende hat es nicht gereicht für den Einzug ins Finale für den österreichischen Kandidaten Vincent Bueno. Er trug seine Ballade „Amen“, die sich im letzten Drittel effektvoll öffnet, mit Inbrunst vor und schied am Donnerstagabend trotzdem im zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest in Rotterdam aus.

Zwei Favoriten kamen erwartungsgemäß weiter, obwohl einer davon gar nicht auftreten konnte: Ein Mitglied der Synthiepop-Band Daði og Gagnamagnið aus Island wurde positiv auf das Coronavirus getestet, darum wurde eine Probe von vergangener Woche eingespielt. Schade, die Isländer haben ein wenig Pech. Sie werden als Nicht-Sieger des Corona-Seuchenjahres in die Geschichte eingehen, mit „Think About Things“ galten sie als haushoher Favorit 2020, ehe der ESC abgesagt wurde. Der heurige Beitrag „10 Years“ ist eine eingängige Liebeserklärung, ihr fehlt aber der letzte Pep, darum haben die Isländer nur Außenseiterchancen. Trotzdem stark ist die Bühnenshow mit kantigem Tanz in Uniformen. Anders, nerdig, aber selbstbewusst und cool.

Rotterdam hosts second semi-final of 2021 Eurovision song competition
Rotterdam hosts second semi-final of 2021 Eurovision song competition(c) REUTERS (PIROSCHKA VAN DE WOUW)

Anders ist auch der Beitrag aus der Schweiz, der ebenfalls zum Favoritenkreis gehört: Gjon's Tears sang die Ballade „Tout l'Univers“ im Falsett - und traf die Töne. Der Song öffnet sich ähnlich dem österreichischen Beitrag, ist insgesamt aber wuchtiger. Sänger Gjon Muharremaj hat zudem etwas Ungeschiffenes, Authentisches.

Im Gedächtnis blieb auch Finnland. Die Post-Hardcore-, Nu-Metal- oder „Brutalo-Pop"-Band Blind Channel prangerte die „Dark Side“ an – gemeint sind damit Mainstream und Kommerz. Musikalisch erinnerte der Beitrag an Limp Bizkit, mit durchaus eingängigem „Refrain“, wenngleich wenig mitsingbar. Auf Finnland kann man sich darauf verlassen, dass die Grenzen des Pop beim ESC durchbrochen werden. Gut so. Das weckte einen bei der doch langen Show noch einmal auf. 

Auch Portugal hat sich etwas getraut und schickte eine Funk- und in ihrer Heimat erfolgreiche Bluesband: The Black Mamba sang ein Lied über eine Frau aus dem Osten, die im Westen ihre Träume verliert und in die Prostitution abgleitet, aber unbeirrt an die Liebe glaubt. Nicht nur inhaltlich anders als das restliche Teilnehmerfeld. Sänger Pedro Tatanka quetschte die Simme wie Janis Joplin – cool und einprägsam.

Sowohl Finnland als auch Portugal kamen weiter. Ebenso wie Anxhela Peristeri, die für Albanien mit „Karma“ antrat. Der Klang eines Bouzouki im Hintergrund ließ an Griechenlandurlaube  denken. Wenig kreativ waren Song und Kostüm – ein knapper Anzug mit Glitzersteinen – sowie die Bühnenshow – Wind- und Nebenmaschine auf vollen Touren. Fast zum Verwechseln ähnlich war der Beitrag aus Serbien, nur war es hier ein Trio, das auf der Bühne stand: Hurricane trugen den durchschnittlichen Popsong „Loco Loco“ mit überdurchschnittlich viel Energie und in Overknee-Lackleder-Stiefeln vor. Die Bühnenshow bestand vor allem aus Haaren. Man wird sie trotzdem im Finale wiedersehen.

Rotterdam hosts second semi-final of 2021 Eurovision song competition
Rotterdam hosts second semi-final of 2021 Eurovision song competition(c) REUTERS (PIROSCHKA VAN DE WOUW)

In eine ähnliche Richtung ging auch die Teilnehmerin für Griechenland, Stefania mit „Last Dance“, die in hautengem Cat Suit mit Cut Outs über eine unsichtbare Treppe ging und mit Phantomen tanzte – optische Täuschungen, bei der die Farbe Grün mit Grafik überblendet wurde. Die Bühnenshow war interessanter als der Song. Auch sie kam weiter.

Sentimentalität wurde ebenfalls belohnt: Victoria sang für Bulgarien die ruhige, nette Ballade „Growing Up Is Getting Old“. Wie die Unschuld vom Land wirkte sie im Vergleich mit der Kandidatin aus Moldau, die wie Victoria ins Finale einzog: Natalia Gordienko sang ein eindeutig zweideutiges Lied über Zucker („Sugar“), vorgetragen mit vielen Hauchern. Am Schluss hielt sie den Ton sehr lange, doch das Erinnerungswürdige an dem Beitrag war nicht der Gesang, sondern der coole Beat.

ROTTERDAM - Fyr Og Flamme from Denmark with the song Ove Os Pa Hinanden during the second semifinal of the Eurovision So
ROTTERDAM - Fyr Og Flamme from Denmark with the song Ove Os Pa Hinanden during the second semifinal of the Eurovision Soimago images/ANP

Viel Energie versprühte Senhit. Die in Deutschland geborene Tochter eritreischer Eltern sang „Adrenalina“, unterstützt von einem Rapper und, zog mit dem durchaus zeitgeistigen Beitrag für San Marino ins Finale ein.

Den Heimweg wieder antreten müssen hingegen Estlands Uku Suviste mit seiner rockigen Ballade "The Lucky One"“, der die Steigerung fehlte.  Ebenso wie Benny Cristo mit "Omaga". Zu Ende ist der "Ride" auch bereits für Polens Vertreter Rafał als Max-Headroom-Double. Der traurige georgische Barde Tornike Kipiani ("You") schrammte an der Peinlichkeit und schied ebenso aus wie das sympathische dänische Retro-Disco-Duo Fyr & Flamme mit "Øve os på hinanden". Rechnet man Vincent Bueno mit ein, war die Lettin Samanta Tina die einzige Frau, die am Abend eine Niederlage zu verkraften hatte.

QUALIFIZIERT für das Finale am 22. Mai:

  • ALBANIEN Anxhela Peristeri "Karma"
  • BULGARIEN Victoria "Growing Up Is Getting Old"
  • FINNLAND Blind Channel "Dark Side"
  • GRIECHENLAND Stefania "Last Dance"
  • ISLAND Daði og Gagnamagnið "10 Years"
  • MOLDAU Natalia Gordienko "Sugar"
  • PORTUGAL The Black Mamba "Love Is On My Side"
  • SAN MARINO Senhit "Adrenalina"
  • SCHWEIZ Gjon's Tears "Tout l'univers"
  • SERBIEN Hurricane "Loco Loco"

AUSGESCHIEDEN im 2. Halbfinale:

  • DÄNEMARK Fyr & Flamme "Øve os på hinanden"
  • ESTLAND Uku Suviste "The Lucky One"
  • GEORGIEN Tornike Kipiani "You"
  • LETTLAND Samanta Tina "The Moon Is Rising"
  • ÖSTERREICH Vincent Bueno "Amen"
  • POLEN Rafał "The Ride"
  • TSCHECHISCHE REPUBLIK Benny Cristo "Omaga"

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Glosse

Nützlicher Song Contest

Es ist schon kurios, welche Krokodilstränen so mancher österreichische Musikkommentator über das Ausscheiden des mittelmäßigen Österreich-Kandidaten beim diesjährigen Song Contest vergossen hat.

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