Wer die schweren Einschränkungen unseres Privatlebens rasch loswerden will, sollte technischen Lösungen nicht mit Pauschalverdacht begegnen.
Schafft es die Europäische Union im dritten Anlauf, der Covid-Pandemie mit der gemeinsamen Anwendung einer technologischen Lösung zu begegnen? Vorsichtiger Optimismus ist erlaubt. Denn mit der Einigung der nationalen Regierungen und des Europaparlaments auf das digitale Covid-Zertifikat am Donnerstagabend besteht nun zumindest technisch die Chance, dass Europa erstens einen halbwegs normalen Feriensommer erleben können wird (was wirtschaftlich und vor allem seelenhygienisch notwendig ist) und zweitens dauerhaft das Reisen zwischen den Mitgliedstaaten wieder ermöglicht wird.
Technisch ist die Basis gelegt, wohlgemerkt. Politisch noch nicht. Denn wie die 27 dieses Covid-Zertifikat („grün“ heißt es im Verordnungstext nun nicht mehr) einsetzen, bleibt ihnen überlassen. Das geht auch nicht anders. Das sehen die EU-Verträge so vor. Wie man seine Grenzen kontrolliert und wie man die öffentliche Sicherheit und Gesundheit schützt, ist ausschließlich nationale Zuständigkeit. Brüssel konnte im konkreten Fall des Zertifikats nur einen gemeinsamen technischen Standard vorschlagen. Das ist in Windeseile gelungen. Dafür gebührt der in der Covid-Krise oft gescholtenen Europäischen Kommission ein großes Lob.