Der Nebel lichtet sich – vielleicht

Lehrgänge. Aktuell bastelt der Gesetzgeber an der Einheitlichkeit von akademischen Weiterbildungsangeboten. Einfach ist eine Regelung bei der Vielzahl an Angeboten nicht.

Knapp 900 Weiterbildungs-Lehrgänge (mit mindestens 30 ECTS-Punkten) zählte das Institut für Höhere Studien IHS im Oktober 2019. Diese verteilten sich auf 62 von 70 österreichischen Hochschulen. Belegt waren sie von fast 30.000 Studierenden. 57 Prozent der Lehrgänge schließen mit einem Master ab, 26 Prozent mit dem Titel Akademische/r ExpertIn und 18 Prozent mit einem Zertifikat. Knapp 70 Prozent der Teilnehmer wählten Masterstudien, ein Fünftel peilte den Abschluss als Akademischer Experte an, nur zwölf Prozent einen sonstigen Abschluss.

Historischer Wildwuchs

„Historisch gesehen haben anfangs nur die Universitäten Weiterbildungslehrgänge als Universitätslehrgang angeboten. Als die Fachhochschulen entstanden, konnten sie aufgrund ihres Status keinen Universitätslehrgang anbieten“, erklärt Martin Unger, Sprecher für Hochschulen am IHS. Pädagogische Hochschulen hätten schon jahrelang Weiterbildungslehrgänge für Lehrer angeboten – Hochschulen waren sie aber anfangs auch nicht. Hinzu kam das Angebot von Privatuniversitäten und sonstigen Institutionen. „So hat sich ein Wildwuchs bei Abschlüssen und Anforderungen entwickelt, den der Gesetzgeber lang vernachlässigt hat“, sagt Unger.

Der größte Anbieter von akademischer Weiterbildung ist die Donau-Universität Krems, gefolgt von der FH Burgenland. Laut einer Erhebung von Vienna International Studies studieren an der Donau-Uni knapp über 8000 außerordentliche Hörer, davon mehr als 7000 in Masterstudiengängen. An der FH Burgenland sind es etwas über 2000 Studierende, die sich großteils auf die postgradualen Angebote verteilen. Die Bezeichnungen von Lehrgängen erstrecken sich von erwähnten Universitätslehrgängen über Lehrgänge zur Weiterbildung bis hin zu Hochschullehrgängen. Die Vielfalt der Begriffe erklärt Attila Pausits, Leiter des Departments für Hochschulforschung an der Donau-Uni, so: „Unterschiedliche Hochschultypen müssen unterschiedliche Begriffe verwenden. So heißt es dann in der Zukunft an der Uni Universitätslehrgang, an der FH Hochschullehrgang. Die Zielsetzung dieser Lehrgänge ist aber eigentlich identisch. Es geht primär darum, wer es anbietet.“

Harmonisierung geplant

Und hier arbeitet der Gesetzgeber gerade an einer Harmonisierung, was in der Fachwelt durchaus kritisch gesehen wird: Bachelor und Master, die als Continuing-Education(CE)-Variante ausgeschildert sind. „Die Bachelor- oder Masterabschlüsse in Continuing Education sind international nicht bekannte und keine gängigen Abschlüsse. Das CE am Ende soll das Format, wie man studiert hat, erklären. Dies ist eine Logik, die so nirgendwo praktiziert wird“, sagt Pausits. Die Art und Weise, wie man studiert habe, gehört für ihn nicht in den Titel.

Die bis gestern in Begutachtung befindliche Gesetzesnovelle will auf jeden Fall die Weiterentwicklung und Vereinheitlichung der Bestimmungen betreffend Studien zur Weiterbildung über die Hochschulsektoren hinweg forcieren und die nationale Durchlässigkeit solcher Studien stärken. Und es soll ein neues Studienformat in Form eines außerordentlichen Bachelorstudiums verankert werden. Laut Entwurf können Hochschullehrgänge als außerordentliche Bachelor- oder Masterstudien jeweils zur wissenschaftlich- oder künstlerisch-berufsfeldbezogenen Weiterbildung im Umfang von mindestens 180 ECTS-Punkten bei Bachelor- beziehungsweise 120 ECTS-Punkten bei Masterstudien bedarfsgerecht nach Maßgabe der Schwerpunktsetzungen des zuständigen Bundesministers eingerichtet werden. Diese Hochschullehrgänge sollen ordentlichen Bachelor- bzw. Masterstudien gleichwertig sein. Laut Unger muss noch über die Dauer nachgedacht werden: „Die reguläre Semesteranzahl ist für Menschen, die aus dem Berufsleben kommen, relativ lang. Eine Lösung könnte sein, dass man das Studium modularisiert und dann die ECTS-Punkte zusammenzählt.“ Falls der Entwurf nicht positiv begutachtet wird, bleibt alles, wie es ist.

Mehr Re- und Up-Skilling

Das hieße nicht nur über 60 im Detail verschiedene akademische Grade, die neue Regelung soll laut Ministeriumsentwurf auch der Etablierung neuer Studienformate, die der starken Nachfrage nach Angeboten zu „Re-Skilling“ beziehungsweise „Up-Skilling“ im Hochschulbereich Rechnung tragen, dienen. Auch erhofft man sich die Durchlässigkeit und internationale Anerkennung von außerordentlichen Studien und will angemessene Vorgaben zur internen und externen Qualitätssicherung etablieren.

INFORMATION

Die Weiterbildung an Hochschulen an die Bologna-Struktur heranzuführen, das ist die Idee hinter der Schaffung eines Bachelor bzw. Master of Continuing Education (BCE bzw. MCE). Abschlüsse höherer Berufsbildung sollen Bachelor Professional (BAP) beziehungsweise Master Professional (MAP) heißen und auf die berufsspezifische Fachrichtung zugeschnitten werden. Ein Knackpunkt der Debatte sind die international unüblichen Titel(zusätze).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2021)

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