Glosse

Nützlicher Song Contest

Es ist schon kurios, welche Krokodilstränen so mancher österreichische Musikkommentator über das Ausscheiden des mittelmäßigen Österreich-Kandidaten beim diesjährigen Song Contest vergossen hat.

Ja, selbst in der „ZIB“ konnte man bei Vermelden dieser Nachricht das Gefühl bekommen, dass eine Staatstrauer für diesen Exit durchaus angemessen wäre.

Besser, man würde sich über Beiträge freuen, die das Nationale ein bisschen über Bord werfen – wenn etwa eine Nachfahrin äthiopischer Einwanderer für Israel singt – und auch noch großartig.

Man sollte auch, mit oder ohne Österreich im Finale, den Nutzen des diesjährigen Song Contests nicht leichtfertig unterschätzen. Wissenschaftlich ist die Veranstaltung ein Gewinn. Wie man hörte, soll sie – mit bis zu 3.500 Gästen pro Veranstaltung – Wissenschaftlern als Labor für die Erforschung der Abhaltbarkeit von Großveranstaltungen während der Pandemie dienen.

Womit wieder einmal bewiesen wäre, was 95 Prozent aller Lebensberater und mindestens die Hälfte aller großen Philosophen uns versichern: Alles hat doch letztlich irgend einen Sinn. Amen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2021)

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