Die Ankünfte von Migranten an Europas Außengrenzen steigen wieder stark an. Das Thema könnte in der Union schnell zum dominierenden Streitpunkt werden.
Brüssel/Wien. Die Dringlichkeit der Situation erfordert rasches Handeln. Doch das Aufflammen des Migrationsproblems erwischt die EU-Spitzen auf dem falschen Fuß. Seit Montagabend beraten sie beim EU-Sondergipfel über die Krise mit Belarus, den Grünen Pass und den Klimaschutz. Die Flüchtlingskrise ist offiziell nur ein Randthema in Brüssel – das sich aber, wie schon 2015, schnell wieder zum alles dominierenden Streitpunkt der 27 entwickeln könnte.
Die Ankünfte von Migranten an Europas Außengrenzen steigen dieser Tage stark an. Vergangene Woche gelangten Tausende Menschen in die spanische Exklave Ceuta im Nordwesten Marokkos, nachdem Rabat die Grenzkontrollen gelockert und damit einen diplomatischen Eklat mit Madrid losgetreten hatte. Auch auf den italienischen Inseln Sizilien und Lampedusa spitzt sich die Lage wieder zu.
Rom nimmt deshalb die EU-Partner in die Pflicht – und erhält dabei Unterstützung von der EU-Kommission: Innenkommissarin Ylva Johansson kündigte jüngst ein Umverteilungssystem an, das von der Krise besonders betroffene Mitgliedstaaten wie die Mittelmeerländer Italien, Griechenland, Zypern oder Malta entlasten soll. „Wir haben gelernt, dass eine freiwillige Umverteilung nicht ausreicht und daher die Zustimmung zur Reform der Migrationspolitik mit verbindlichen Umverteilungen unerlässlich ist“, sagte sie der Zeitung „La Repubblica“.
Keine gute Ausgangslage
Die Kommissarin versucht nun, für ihre Idee in bilateralen Gesprächen Stimmung zu machen. Doch schon bisher hatten Versuche zur Umverteilung Schutzsuchender in der EU wenig bis gar keinen Erfolg. Konsens gebe es auch diesmal lediglich bei der Verstärkung des Schutzes der EU-Außengrenzen, also „externen Aspekten“, sagt ein hochrangiger EU-Diplomat.