Ermittlungen

ÖVP-Justizsprecherin Steinacker im Visier der Korruptionsjäger

Michaela Steinacker
Michaela Steinacker (c) Robert Newald / picturedesk.com (Robert Newald)
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Michaela Steinacker war neben ihrer Tätigkeit als Abgeordnete Geschäftsführerin der Raiffeisen Evolution. Ihr wird Untreue und unerlaubte Vorteilsannahme vorgeworfen, weil sie ihre Arbeitszeit und Ressourcen dort nicht für die Raiffeisen, sondern die ÖVP genutzt haben soll. Das wäre eine verdeckte Parteispende.

Die von den Anti-Korruptionsjägern geführte Liste an hochrangigen, beschuldigten ÖVP-Mitgliedern wird beinahe wöchentlich länger. Nach Bundeskanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und ehemaligen Ministern rückt nun die Justizsprecherin Michaela Steinacker in den Fokus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Ihr wird Untreue und unerlaubte Vorteilsannahme in Hinblick auf unerlaubte Parteispenden vorgeworfen.

Der „Presse“ liegt ein entsprechendes Schreiben an den Immunitätsausschuss vor – eine Entscheidung ob dem Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft stattgegeben wird, steht noch aus. Steinacker war Generalbevollmächtigte bei der Raiffeisen Evolution GmbH. Laut anonymem Hinweisgeber soll Steinacker die Befugnis „über fremdes Vermögen wissentlich missbraucht haben“ und das Unternehmen um einen „300.000 Euro jedenfalls übersteigenden Ausmaß an Vermögen“ geschädigt haben. Steinacker soll in ihrer Zeit als leitende Angestellte (2013 bis 2017) eine Sekretärin, eigene Räumlichkeiten und einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen haben. Das alles und ihre Arbeitszeit soll sie aber kaum für die Raiffeisen Evolution genutzt haben, sondern „tatsächlich beinahe ausschließlich für die Österreichische Volkspartei“ gearbeitet haben.

Außerdem habe die - durchaus gute - Entlohnung Steinackers nicht im Einklang mit ihrer eigenen Tätigkeit gestanden – insofern wird ihr verbotene Vorteilsannahme vorgeworfen, die sie in der Amtsführung beeinflusst haben soll. Steinacker gehörte übrigens viele Jahre zu den Topverdienern im Parlament. Laut Transparenzdatenbank hat sie zusätzlich zu ihrem Gehalt als Abgeordnete mehr als 10.000 Euro pro Monat verdient.Die WKStA entnimmt diese Informationen dem anonymen Hinweisgebersystem, schreibt aber, dass sie in detaillierter Kenntnis der Hinweisgeberin sei und die Vorwürfe als plausibel erachte.

Wie viel Raiffeisen ist drin?

Die Raiffeisen Evolution beschäftigte sich mit Immobilienentwicklung und wurde 2017 in die Strabag Real Estate integriert, die heute nach eigenen Angaben rund 600 Projekte betreut. Heute hat die Raiffeisen Holding Wien-Niederösterreich mit der Gesellschaft gar nichts zu tun. Als Steinacker dort tätig war, war die Raiffeisen-Holding Minderheitseigentümerin der Immobiliengesellschaft. Steinacker war davor bis 2013 Mitarbeiterin der Raiffeisen-Holding. „Der Zeitraum der Vorwürfe erstreckt sich von Juli 2013 bis 2017. Steinacker war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Holding tätig. Die war übrigens bei der Evolution nur Minderheitsgesellschafter. Operativ hatten wir also nichts damit zu tun, und waren freilich auch in Gehaltauszahlungen oder ähnliches nicht involviert“, heißt es auf „Presse"-Anfrage von der Holding.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass gegen Steinacker ermittelt wird. Bis 2014 wurde gegen Steinacker wegen Spekulation rund um Immobilien-Deals der ÖBB ermittelt - Steinacker hatte zuvor bei den Bundesbahnen gearbeitet. Unter Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger zog sie dann 2013 in den Nationalratsrat ein.

Schwierige Zeiten

Seitens des ÖVP-Klubs rückte am Dienstag Fritz Ofenauer aus, Vorsitzender des Immunitätsausschusses. „Das Auslieferungsbegehren gegen die Abgeordnete Steinacker entbehrt jeder Grundlage und ist deshalb auch zurückzuweisen.“ Steinacker habe ihre Pflichten aus ihrem Dienstvertrag „stets ordnungsgemäß und mit ausdrücklicher Zustimmung des Unternehmens“ erfüllt. Sie habe über viele Jahre erfolgreich im Unternehmen gearbeitet und sei dabei auch stets allen Meldevorschriften nachgekommen.

Die neuen Ermittlungen gießen abermals Öl ins Feuer. Einerseits zwischen den Koalitionsparteien. Die Grünen tun sich immer schwerer, eine Koalition mit der ÖVP zu rechtfertigen. Immerhin hatten die Grünen in der Vergangenheit stets gegen Korruption gekämpft. Andererseits heizen die neuen Ermittlungen auch das schlechte Klima zwischen der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft und der ÖVP wieder an. Kurz hatte die WKStA mehrfach öffentlich angegriffen. Auch Justizsprecherin Steinacker hatte der Behörde fachliche Patzer und Leaks vorgeworfen. Steinacker hatte sich auch für eine Reform der Behörde eingesetzt - die Grünen hatten sich dagegen ausgesprochen.

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