Lago Maggiore

Seilbahnunglück: Ermittler vernehmen Mitarbeiter der Betreibergesellschaft

Die Gondelkabine wurde von Bäumen gebremst.
Die Gondelkabine wurde von Bäumen gebremst.APA/AFP/Vigili del Fuoco/HANDOUT
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Das Video einer Überwachungskamera wurde überprüft. Die Gondel rollte nach Aufprall mehrere Dutzend Meter den Hang hinab. Die Südtiroler Firma Leitner gibt an, vertragsgemäß die Wartung durchgeführt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft der piemontesischen Stadt Verbania, die mit der Untersuchung des Seilbahnunglücks am Lago Maggiore am Sonntag mit 14 Todesopfern beauftragt worden ist, hat Ermittlungen gegen einige Bedienstete der Betreibergesellschaft der Seilbahn Stresa-Mottarone aufgenommen. Vermutet wird ein menschlicher Fehler hinter dem Unglück.

Einige Bediensteten wurden von den Ermittlern im Beisein ihrer Anwälte vernommen, berichteten italienische Medien. Die Staatsanwälte wollen ergründen, warum nach dem Kabelriss die Notbremse der Seilbahn nicht funktioniert hat. Der Verdacht lautet auf Fahrlässigkeit.

Die zuständige Staatsanwältin der Stadt Verbania am Lago Maggiore, Olimpia Bossi, prüfte das Video einer Überwachungskamera, das den Unfall zeigt. Darauf sei zu sehen, wie sich die Gondel am Sonntag kurz vor der Bergstation am Monte Mottarone befunden habe, als plötzlich ein Seil riss und die Kabine aus einer Höhe von 54 Meter abstürzte.

Danach sei die Kabine noch einige Dutzend Meter den Hang heruntergerollt, bis sie von einigen Bäumen gebremst wurde, berichteten die Ermittler. Sie stellten fest, dass es am Samstag, einen Tag vor dem Unglück, zu einer halbstündigen Unterbrechung des Bahnbetriebs gekommen war. Noch unklar ist, ob diese Unterbrechung mit dem Unfall zusammenhängt. Ermittelt wird zudem, weshalb das Notbremssystem nicht funktioniert hatte.

Firma Leitner hat Kontrollen gemäß Vertrag durchgeführt

Nun hat sich auch die für die Wartungsarbeiten an der Seilbahn Funivia Stresa-Mottarone zuständige Firma zu Wort gemeldet. Dabei handelt es sich um das Südtiroler Unternehmen Leitner, dass gemäß einem Wartungsvertrag die Kontrollen durchführt. Einer Mitteilung der Firma zufolge sei zuletzt am 3. Mai dieses Jahres die hydraulische Bremsanlage der Fahrzeuge gewartet worden. Bei der letzten magnetinduktiven Seilprüfung im November 2020 seien "keine Unregelmäßigkeiten" festgestellt worden. Die täglichen und wöchentlichen Kontrollen liegen laut Leitner in der Verantwortung der Betreibergesellschaft Ferrovie del Mottarone.

Bei dem Unglück nahe dem Ort Stresa westlich des Lago Maggiore starben am Sonntag 13 Menschen - Italiener und eine israelische Familie - noch an der Unfallstelle. Zwei schwer verletzte Kinder wurden per Rettungshubschrauber in eine Klinik in Turin geflogen, wobei eines der Kinder noch am Abend starb. Nur ein kleiner Bub, der bei dem Unglück seine Eltern verlor, überlebte.

Zumindest hier gibt es eine positive Nachricht: Der Gesundheitszustand des Fünfjährigen verbessert sich. Untersuchungen ergaben, dass das Kind keine Hirnschäden erlitten hat. Noch am Dienstag soll der Bub aus dem künstlichen Koma geholt werden, so die Ärzte aus dem Turiner Krankenhaus "Regina Margherita", wo das Kind liegt.

Fünf Särge nach Israel geflogen, Papst trauert

Der Fünfjährige sei zwar noch nicht außer Gefahr, die Ärzte erklärten sich jedoch zuversichtlich, berichteten italienische Medien. Beim Unglück kamen seine beiden Elternteile, die Großeltern und sein zweijähriger Bruder ums Leben. Die israelische Familie lebte in der lombardischen Stadt Pavia. Die Särge mit den fünf israelischen Opfern sollen am Mittwoch nach Israel geflogen werden, wo eine Trauerzeremonie geplant ist.

Im Vatikan gedachte man den Opfern des Unglücks. Papst Franziskus trauerte um die 14 Toten und sprach deren Familien "Nähe und herzliches Beileid" aus. Der Papst denke mit Rührung an so viele Leben, die auf tragische Weise zerbrochen sind, hieß es in einer Nachricht an den Bischof der piemontesischen Stadt Novara, zu deren Diözese die Kleinstadt Stresa gehört. In dem Schreiben stand weiter auch, dass der Papst für den überlebenden Buben, der in einem Krankenhaus in Turin um sein Leben kämpft, betet.

(APA)

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