Kolumne „Führungsfehler“. Einen einzigen Batzen hatte der Kandidat auf seiner sonst blütenweißen Weste: Er war im Streit von seinem letzten Arbeitgeber geschieden.
Der Kandidat war intelligent, begabt und gebildet. Sein track record konnte sich sehen lassen. Doch da war dieser eine Vorfall: Er hatte sich mit seinem letzten Vorstandsvorsitzenden überworfen. Er war von sich aus gegangen.
Nur Insider wussten von dem Zerwürfnis. So auch der gewöhnlich gut informierte Headhunter, der den Kandidaten auf eine interessante Position ansprach. „Ich stehe zu dem, was passiert ist“, sagte der Kandidat. „Ich werde es in meiner Präsentation adressieren.“
„Tun Sie das nicht“, riet der Headhunter. „Der Klient weiß nichts davon. Wir wollen keine schlafenden Hunde wecken.“
Dem Kandidaten gefiel das nicht. Doch der Headhunter insistierte.
Locker durchschritt der Kandidat die Hearings. Im letzten, vor dem gesamten Vorstand, sollte er nur mehr abgenickt werden. Alles lief glatt.
Bis der Headhunter das Wort ergriff. „Eine Frage habe ich noch. Sie sind im Streit von Ihrem letzten Arbeitgeber geschieden. Wollten Sie uns das verheimlichen?“
Das Auditorium erstarrte.
Sollte es ein Stresstest sein? Ein Prahlen mit seinem Wissen? Eine Falle? Der Kandidat wusste es nicht. Er war Profi genug, die richtigen Worte zu finden. Er bekam den Job. Und doch: Für den Vorstand lag nun ein Schatten des Zweifels auf ihm.
Aber der Headhunter stand gut da.
Das Management. Unendliche Möglichkeiten für Führungsfehler im engeren Sinn (Mitarbeiter) und im weiteren (Organisationen, Familien u.v.a.). Wenn Sie einen Führungsfehler loswerden wollen, schreiben Sie an: andrea.lehky@diepresse.com
Ähnlichkeiten mit realen Personen und Organisationen sind zufällig und nicht beabsichtigt.