Vorwurf

Anklage: Wie Österreicher in Brasilien Geld wuschen

WEINZIERL Peter
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Peter Weinzierl, Exchef der Meinl-Bank, wurde in London aufgrund eines US-Ansuchens verhaftet. Er soll dem brasilianischen Odebrecht-Konzern bei Geldwäsche und Bestechung geholfen haben.

Wien. Entsprechende Vorwürfe gibt es schon lange. So übermittelte die heimische Finanzmarktaufsicht wegen vermuteter Verwicklungen österreichischer Banker in den südamerikanischen Odebrecht-Skandal bereits 2017 eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Dort wird seither gegen „sieben Personen und einen Verband“ ermittelt, wie es am Mittwoch von der WKStA gegenüber der „Presse“ hieß.

Den Paukenschlag setzte nun allerdings das US-Department of Justice. Es erhob in der Nacht auf Mittwoch Anklage gegen Ex-Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl und den ehemaligen Meinl-Bank-Mitarbeiter Alexander W. Beide sollen von 2006 bis 2016 dem brasilianischen Baukonzern Odebrecht bei Geldwäsche und Bestechung geholfen haben. Es gilt die Unschuldsvermutung. Weinzierl wurde aufgrund eines US-Haftansuchens bereits in London verhaftet.

Fiskus zahlte das Schwarzgeld

Die zuständige Staatsanwaltschaft des Eastern District of New York listet in ihrer 28-seitigen Anklageschrift detailliert auf, was sie Weinzierl und W. vorwirft. Konkret geht es darum, dass die beiden Österreicher mithilfe ihrer Kontrolle über die Meinl-Bank und der einst mehrheitlich zu dieser gehörenden Meinl-Bank Antigua Gelder von Odebrecht mittels fingierter Verträge über verschiedenste Umwege aus Brasilien nach Wien und dann zurück in die Karibik geschleust haben sollen. Am Ende führte das dazu, dass Odebrecht die falschen Ausgaben von der Steuer absetzen konnte und gleichzeitig schwarze Kassen für Schmiergelder erhielt. Die Meinl-Bank soll dafür saftige Honorare kassiert haben.

Der Odebrecht-Skandal hält Brasilien und viele andere Länder des Kontinents schon seit Jahren in Atem. 2015 flog auf, dass das einstige Paradeunternehmen des Landes seit der Jahrtausendwende in ganz Südamerika Beamte und Politiker mit in Summe 788 Millionen US-Dollar bestochen hatte, um an öffentliche Aufträge zu kommen. Da die Zahlungen teilweise auch über New York gelaufen waren, schaltete sich die US-Justiz in den Fall ein. 2017 wurde das Unternehmen vom Eastern-District-Gericht von New York zur Zahlung einer Strafe von 2,6 Milliarden Dollar verurteilt. Viele Manager, darunter auch Exchef Marcelo Odebrecht, wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

FBI suchte die Finanzhelfer

In der Folge wuchs bei den US-Ermittlern das Interesse an den einstigen Helfern von Odebrecht bei der Verschleierung der Kapitalflüsse. Und daher gerieten auch Weinzierl, W. und die Meinl-Bank in das Visier des FBI. Dessen Erkenntnisse kulminierten in der nun erfolgten Anklageschrift.

Demnach entstand der Kontakt zwischen Weinzierl und Odebrecht ungefähr im Jahr 2006. Der Modus operandi des in der Folge aufgezogenen Geld-Karussells lief laut der US-Anklage wie folgt ab: Die Meinl-Bank erstellte ein „Garantie-Agreement“ zwischen sich und einer Odebrecht-Tochterfirma. Laut diesem übernähme die Bank verschiedene finanzielle Dienstleistungen für Odebrecht. Darunter konnten die Gewährung von Kreditrahmen, Optionen für den Kauf oder Verkauf von Assets oder politische Risikogarantien für heikle Großprojekte in politisch instabilen Regionen wie Angola oder Russland sein. Die Meinl-Bank erhielt dafür eine Zahlung von Odebrecht. Diese Zahlung wiederum senkte in Brasilien den Gewinn und somit die Steuerleistung von Odebrecht.

Nur kurze Zeit später wurde jedoch ein sogenanntes Transfer-Zertifikat erstellt. Die Verpflichtungen der Meinl-Bank wurden offiziell auf eine andere Firma übertragen, die in Wirklichkeit aber unter der Kontrolle von Odebrecht stand. Die Meinl-Bank überwies das Geld an diese – behielt sich jedoch eine Provision ein.

In der Anklageschrift wird ein solcher Fall minutiös nachgezeichnet. Demnach soll die Meinl-Bank am 8. April 2011 eine Zahlung von 23,17 Mio. Euro von Odebrecht erhalten haben. Grund dafür war eine Garantie der Meinl-Bank über 230 Mio. Dollar. Knapp zwei Monate später, am 1. Juni 2011, soll die Meinl-Bank diese Garantie an die im Einflussbereich von Odebrecht stehende Briefkastenfirma in der Karibik weitergereicht und dieser auch 22,1 Mio. Dollar überwiesen haben – abzüglich 1,07 Mio. Dollar Provision.

In Summe sollen Weinzierl, W. und die Meinl-Bank so rund 170 Mio. Dollar aus Brasilien nach Wien und zurück in die Karibik verschoben haben. Das Honorar dafür betrug in der Regel 4,5 Prozent – also rund 7,65 Mio. Dollar. Sollten die beiden Österreicher schuldig gesprochen werden, drohen ihnen langjährige Strafen hinter Gittern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2021)

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