Äthiopien

„Risiko einer Hungersnot“ in der Krisenregion Tigray

Der Konflikt in der äthiopischen Krisenregion Tigray alarmiert zunehmend die internationale Gemeinschaft.
Der Konflikt in der äthiopischen Krisenregion Tigray alarmiert zunehmend die internationale Gemeinschaft. REUTERS
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Der UN-Nothilfe-Chef warnt vor humanitärer Katastrophe. Mehr als 90 Prozent der Ernte seien geplündert oder zerstört worden.

New York. Der Konflikt in der äthiopischen Krisenregion Tigray alarmiert zunehmend die internationale Gemeinschaft. Erst am Montag hatten die USA bekannt gegeben, aufgrund des Konflikts die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Unterstützung für Äthiopien einzuschränken. Washington kündigte auch Visa-Sanktionen gegen Regierungsvertreter an. In der Nacht auf Mittwoch schlug dann UN-Nothilfe-Koordinator Mark Lowcock Alarm. Er warnte eindringlich vor einer Hungersnot in der äthiopischen Kriegsregion.

„Konkrete Maßnahmen sind dringend erforderlich, um den Teufelskreis zwischen bewaffnetem Konflikt, Gewalt und Ernährungsunsicherheit zu durchbrechen“, schrieb er an die UN-Mitgliedstaaten. Diese müssten „alle möglichen Schritte unternehmen, um eine Hungersnot zu verhindern“. Aktuell seien dort mindestens 20 Prozent der Bevölkerung von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Es bestehe das „ernste Risiko einer Hungersnot“, wenn die Hilfe nicht in den nächsten zwei Monaten aufgestockt werde.

Demnach sind mehr als 90 Prozent der Ernte und 80 Prozent des Viehbestandes in der Region geplündert oder zerstört worden. Für Hilfsorganisationen wird es immer schwieriger, nach Tigray vorzudringen. Im vergangenen halben Jahr wurden Lowcock zufolge in der Region acht Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getötet.

Abgeschnitten von der Welt

Seit November gehen äthiopische Regierungstruppen in Tigray gegen die dortige Volksbefreiungsfront, TPLF, vor. Seither sind die geschätzt sechs Millionen Einwohner der Region großteils vom Rest der Welt abgeschnitten. Im Zuge des Konfliktes waren auch Soldaten aus dem Nachbarland Eritrea einmarschiert, denen Massaker an der Zivilbevölkerung und sexuelle Gewalt gegen Frauen vorgeworfen werden.

Äthiopiens Premier, Abiy Ahmed, ist durch den Militäreinsatz international zunehmend in die Kritik geraten. Der einstige Hoffnungsträger hatte wegen seines Friedensschlusses mit Eritrea 2019 den Friedensnobelpreis erhalten. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2021)

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