Wer in Weißrussland nach Lukaschenkos Regeln spielt, den lässt er fette Geschäfte machen. Ein Blick hinter die Kulissen einer brutalen Diktatur, deren Wirtschaft bunter ist, als man sich das im Westen vorstellt.
Als der Mann, dessen Familienname im Deutschen „Zeisig“ bedeutet, im Jahr 2016 mit angeblich 220 Stundenkilometern Richtung Polen raste, klickten noch vor dem Grenzübergang die Handschellen. Nicht das überhöhte Tempo war das Problem. Juri Tschysch, also der „Zeisig“, habe „schwere Steuerhinterziehungen“ begangen, teilte der Geheimdienst, der in Weißrussland nach wie vor KGB heißt, mit. Zudem habe Tschysch das Land verlassen und Kapital ins Ausland transferieren wollen.
So etwas duldet Staatspräsident Alexandr Lukaschenko, der diese Woche die Landung einer Ryanair-Passagiermaschine in Minsk erzwungen und damit international für Irritierung gesorgt hat, nicht. Schon gar nicht, wenn es sich um eine Person aus seinem engsten Kreis handelt, die außerdem zum damaligen Zeitpunkt als zweitreichste im Land galt. Tschysch, Eishockey-Freak wie Lukaschenko selbst, hatte mit seinem Mischkonzern Triple Group ein Vermögen gemacht, weil Lukaschenko ihm Geschäfte in der staatsnahen Mineralöl- und Agrarmaschinenbranche erlaubte. Dazu in der Pharmazie und im Bausektor. Heute sind viele von Tschyschs Firmen aus dem Spiel. Damit nicht genug: „Nach Tschyschs Festnahme sind die anderen großen Player in Deckung gegangen“, erklärt Kirill Koktysch, Weißrussland-Experte an der Moskauer Diplomaten-Akademie MGIMO, im Gespräch mit der „Presse“: „Heute ist von den meisten nur mehr wenig zu hören“.