Contador unter Dopingverdacht: "Nichts zu verbergen"

Alberto Contador
Alberto Contador (c) AP (Paul White)
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Der zweifache Sieger des Radklassikers Tour de France beteuert öffentlich seine Unschuld: "Ich kann jedem in die Augen schauen", meint der Spanier. Contador hat jetzt vor, um seinen Ruf zu kämpfen.

Vier Jahr nach dem Amerikaner Floyd Landis hat ein weiterer Radprofi während einer siegreich beendeten Tour de France einen positiven Dopingtest abgeliefert. Beim Spanier Alberto Contador ergab eine am zweiten Ruhetag (21.7.) genommene Probe ein positives Resultat auf das verbotene Stimulanzium Clenbuterol. Wegen der geringen Konzentration (0,00000000005 Gramm pro Milliliter) will der Weltverband UCI wissenschaftliche Untersuchungen in diesem Fall abwarten, ehe weitere Schlüsse gezogen werden.

Contador selbst bestreitet jedes Doping und machte auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in seinem Heimatort Pinto bei Madrid "verunreinigtes" Fleisch für den positiven Test verantwortlich. Das gleiche Argument hatte der deutsche Tischtennis-Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov vorgebracht, bei dem vergangene Woche in der A-Probe ebenfalls Clenbuterol nachgewiesen worden war.

"Kann jedem in die Augen schauen"

Contador erklärte, er sei traurig und enttäuscht. "Aber ich kann jedem in die Augen schauen, weil ich nichts zu verbergen habe", betonte der spanische Sport-Held. "Ich werde kämpfen, um weiter das tun zu können, was ich am meisten liebe. Ich glaube, dass sich die ganze Sache aufklären wird. Ich vertraue auf die UCI und die Wada." Die festgestellte Menge sei überdies so minimal, dass sie absolut keine Wirkung hatte.

Erst in einem am Mittwoch erschienenen Interview hatte Contador erklärt, Dopingfälle seien Vergangenheit. Doch nun reiht sich der 27-Jährige, der bereits alle drei großen Landesrundfahrten (Tour, Giro d'Italia und Spanien-Rundfahrt) gewonnen hat, selbst in die Reihe der Tour-de-France-Gewinner ein, gegen die Verfahren eingeleitet wurden. Der Däne Bjarne Riis (Sieger 1996) musste unter dem Druck der Beweislast EPO-Doping zugeben. In Proben des siebenfachen Rekordgewinners Lance Armstrong, gegen den aktuell Untersuchungen der US-Behörden laufen, aus dem Jahr 1999 wurden laut Nachforschungen der Sportzeitung "L'Equipe" EPO-Spuren gefunden. Landis wurde der Sieg 2006 wegen Testosteron aberkannt.

Unter Verdacht war Contador schon vor seinem ersten Toursieg 2007 geraten. Sein Name stand auf der Liste der in den spanischen Fuentes-Blutdopingskandal von 2006 verwickelten Fahrer, Contador wurde aber von den Behörden reingewaschen. Er sei nur zur falschen Zeit im falschen Team (dem des Spaniers Manolo Saiz) gewesen, rechtfertigte er sich 2007.

In diesem Jahr gewann er für das Team des zurückgetretenen Armstrong, Discovery Channel, erstmals die Tour, nachdem der als sicherer Sieger geltende Däne Michael Rasmussen (ein angeblicher Kunde von Stefan Matschiner) von seinem Team aus dem Rennen genommen worden war. 2008, als sein neuer Rennstall Astana von der Tour ausgesperrt war, siegte Contador im Giro und in der Spanien-Rundfahrt, ehe er 2009 (nach "Stall-Duell" mit Armstrong) neuerlich bei der Tour triumphierte und diesen Erfolg heuer (ohne Etappensieg) wiederholte.

Das Umfeld des stärksten Rundfahrtspezialisten der Gegenwart war zuletzt von Landis angeschwärzt worden, der mit seinen Aussagen gegenüber den US-Behörden auch die aktuelle Affäre um Armstrong ins Rollen gebracht hatte. Demnach soll Contadors Coach seit 2007, Pepe Marti, Landis während seiner Tätigkeit im Rennstall US Postal Wachstumshormone verkauft haben.

Der Radsport-Weltverband UCI teilte am Donnerstag bei den derzeit in Geelong stattfindenden Weltmeisterschaften mit, Contador sei, wie im Reglement vorgesehen, vorläufig gesperrt. Contador hatte bereits bei der ersten Information am 24. August verunreinigte nahrung als Ursache genannt. Der B-Test hat inzwischen das Ergebnis der A-Probe bestätigt. Der Profi des heuer in Wien präsentierten Astana-Rennstalls hat seine Saison bereits beendet, er hat für 2011 einen Vertrag für den Riis-Rennstall Saxo Bank unterschrieben.

"Einfach sch...."

Der Team-Sponsor will vorerst abwarten, Riis gab sich in Australien, wo die WM durch diesen Dopingfall beeinträchtigt wird, zerknirscht. "Es ist einfach sch... unglücklich, dass Contador in diese Lage geraten ist", meinte der Däne. Man könne nun nur auf eine Entscheidung warten. Die Saxo Bank hatte ihren Sponsorvertrag nur deshalb verlängert, weil Contador geholt worden war. Nun droht dem Superstar eine zweijährige Sperre.

Die Probe war vom Anti-Dopinglabor in Köln untersucht worden, die Konzentration von Clenbuterol sei bei 50 Picogramm gelegen. Laut Qualitäts-Anforderungen der Welt-Anti-Doping-Agentur an ein Labor muss erst das 400-fache dieses Werts nachgewiesen werden können. Laut Contador können derart geringe Dosen nur in weltweit vier Labors aufgedeckt werden. Die UCI will vor den kommenden Untersuchungen, die einige Zeit dauern könnten, keine weitere Stellungnahme abgeben.

Clenbuterol, dem in hohen Dosen anabole Wirkung nachgesagt wird, hat einen kurzzeitigen stimulierenden Effekt, ebenso soll es in hohen Dosen bessere Sauerstoffaufnahme, Erhöhung von Blutdruck und Aufmerksamkeitssteigerung bewirken. Im April war der chinesische Radprofi Li Fuyu wegen Einnahme von Clenbuterol suspendiert worden.

David Howman, der Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), stellte unterdessen klar, dass selbst geringste Clenbuterol-Konzentration für Sanktionen ausreichen würde. "Das ist keine Substanz, bei der es einen Grenzwert gibt", sagte Howman. "Clenbuterol wird seit mehr als 20 bis 30 Jahren verwendet. Das ist nichts Neues. Niemand hat jemals gesagt, man kann es unbeabsichtigt zu sich nehmen."

Contador hat die heurige Tour de France mit einem Vorsprung von nur 39 Sekunden vor dem Luxemburger Andy Schleck gewonnen. Wird er wegen Dopings bestraft, wäre er der zweite Fahrer nach Landis, dem der Sieg aberkannt wird. Der Österreicher Bernhard Kohl war 2008 als Gesamtdritter und Gewinner der Bergwertung nach dem nachträglichen Nachweis von EPO-Doping (CERA) disqualifiziert worden.

(Ag.)

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