Investmentmarkt

Unterwegs auf neuen Pfaden

Die Presse
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Die Nachfrage hat durch Corona nur unwesentlich gelitten. Das hat zur Folge, dass Projekte rar werden, die Investoren sich nach neuen Assetklassen umsehen und zunehmend auf die Bundesländer ausweichen.

Im ersten Quartal belief sich das Transaktionsvolumen in Österreich auf rund 600 Millionen Euro. Zwar fehlten Interessenten von außerhalb der D-A-CH-Region als Folge der Coronapandemie fast zur Gänze, aber auch ohne die finanzstarken Investoren aus dem asiatischen Raum ist die Nachfrage hoch geblieben. Aktiv waren vor allem Österreicher und Deutsche, wobei die heimischen Investoren mit 52 Prozent das größere Volumen stemmten, während deutsche für 40 Prozent verantwortlich zeichneten. Acht Prozent entfielen auf andere.

Die wohl markanteste Entwicklung ist dabei eine deutliche Fokussierung auf Marktsegmente, die Investoren größtmögliche Sicherheit bieten. „Wer in Österreich kauft, der sucht Sicherheit“, bestätigt Axel Schulz, Global Head of Investment Management der deutschen Real I.S. AG. Anfang des Jahres hat das Unternehmen ein Bürohaus in TownTown in Wien Erdberg erworben, „aktuell stehen wir mit einem neuen Investment kurz vor dem Abschluss“, verrät Schulz. Mehr Details wolle er vor der Einigung nicht bekannt geben. Die hohe Nachfrage nach Core-Produkten drücke die Renditen in diesem Bereich weiter leicht nach unten, stellt Johannes Endl, Vorstand der Örag, fest. Die begehrten Objekte in den gefragten Lagen und Assetklassen würden zwar „nicht ausgehen – es wird allerdings bei wenig Angebot teurer, diese zu erwerben“. Im aktuellen Umfeld aus Negativzinsen einerseits und den gewaltigen Wirtschaftsstimuli andererseits – über deren langfristige Folgen für die Geldwertstabilität Unklarheit besteht – übersteige die Nachfrage das Angebot insgesamt deutlich. „Natürlich findet damit eine Verschiebung des Risikoprofils statt, und es wird für Investoren notwendig, sich mit neuen Thematiken auseinanderzusetzen“, betont der Experte.

Strategiewechsel

Tatsächlich hat die Situation bei vielen, besonders aber bei institutionellen Investoren, zu einer Umorientierung geführt: Renditestärkere Assetklassen gelangen in den Fokus, manche steigen früher in die Wertschöpfungskette ein und beschäftigen sich mit Developments oder sie weichen auf „Zukunftslagen“ und alternative Anlageklassen aus. Dazu zählen unter anderem Pflegeimmobilien und Betreutes Wohnen, der Lebensmittel-Einzelhandel, Fachmarktzentren, Datencenter oder Logistik. So würde auch Schulz keine Nutzungs- oder Assetklasse ausschließen, „wenngleich wir sehr selektiv vorgehen“. Für die Beurteilung der Produkte müssen dabei jeweils eigene Maßstäbe angewendet werden. „Die aktuell besonders nachgefragten Logistikimmobilien zum Beispiel haben völlig andere Anforderungen, als dies für Wohn- oder Büroobjekte der Fall ist“, betont Örag-Vorstand Endl.

Bei privaten Investoren habe sich das Einkaufsprofil ebenfalls verschoben, berichtet Markus Arnold, CEO und Gründer von Arnold Immobilien: „Diese sind mittlerweile zunehmend in Richtung Gewerbe offen, speziell jene, die etwa schon ein Zinshaus besitzen und ihr Portfolio diversifizieren wollen.“ Besonders im Fokus seien aufgrund der attraktiven Renditen Handelsimmobilien in guten Lagen: „Damit werden Mieteinnahmen erwirtschaftet und das Risiko ist kalkulierbar.“ Zudem verfügen Handelsimmobilien vielfach über Mietverträge mit langen Laufzeiten und längerem Kündigungsverzicht. Wenn die Immobilie an eine bonitätsstarke Kette vermietet ist, ergibt sich ein zusätzliches Plus. Die Objekte müssen sich dabei nicht unbedingt in Citylage befinden, „denn Fachmärkte in gewachsenen Agglomerationen im ländlichen Raum bieten ebenfalls attraktive Investment-Chancen“, betont Arnold. Derzeit könne mit Renditen von bis zu sieben Prozent gerechnet werden.

Bundesländer im Fokus

Aufgrund der Projektknappheit in Wien werden die Bundesländer zunehmend interessanter. Johannes Endl verweist in diesem Zusammenhang auf die wirtschaftlich dynamischen Ballungszentren des Großraums von Graz und Linz. Die steigende Nachfrage belegt ein Blick auf die Renditen. „Betrachtet man die Entwicklung der Mindestrenditen zwischen der letzten Erhebung im zweiten Halbjahr 2020 und der aktuellen für das erste Halbjahr 2021, ist der stärkste Rückgang für Wien, Salzburg und Linz zu beobachten“, sagt Peter Fischer, Real Estate Leader bei PwC Österreich. Selbst Bezirkshauptstädte mit hochwertiger Infrastruktur und leistungsfähiger Verkehrsanbindung in die Ballungsräume gewinnen an Bedeutung, weiß Endl, doch werde von den institutionellen Investoren bei kleineren Stadtgrößen genau geschaut, welche Objekte überhaupt infrage kommen. „Letztlich muss aber jeder Standort für sich auf langfristige Vermietbarkeit und damit Werthaltigkeit geprüft werden.“

Auf einen Blick:

Das Investmentvolumen in österreichische Immobilien ist im ersten Quartal 2021 um drei Prozent zum Vergleichszeitraum 2020 gestiegen. Insgesamt wurden rund 603 Millionen Euro investiert. Eine deutliche Veränderung gab es bei der Präferenz der Assetklassen: 32 Prozent des Volumens wurden in Wohnimmobilien investiert, 29 Prozent in Industrie und Logistik, Büroimmobilien rangieren mit 21 Prozent an dritter Stelle. Am aktivsten waren heimische Investoren, die für 52 Prozent des Transaktionsvolumens verantwortlich waren, etwa 40 Prozent kamen aus Deutschland, acht Prozent aus anderen Ländern. [ Quelle: CBRE]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2021)

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