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Logistikimmobilien: "Gehen weg wie warme Semmeln"

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Ein Nischensegment ist zum Krisengewinner avanciert. Top-Objekte mit moderner Ausstattung sind jedoch rar – das treibt die Preise.

Rekordmeldungen vom österreichischen Logistikmarkt treffen derzeit mit schöner Regelmäßigkeit ein: Otto Immobilien etwa meldete den Verkauf eines fast 100.000 Quadratmeter großen Grundstücks für einen Logistikpark in Stadlau an die polnische MLP. CBRE verkündete den Eigentümerwechsel des Loosdorf Logistics Center mit 50.000 Quadratmetern Lagerfläche. Colliers hingegen bewies mit der Vermittlung einer nur 4400 Quadratmeter großen Logistikhalle in Seyring, die einst von Elektro Haas genutzt wurde, dass sich derzeit auch für kleinere Objekte Käufer finden lassen.

Die Gründe liegen auf der Hand: Mit dem Siegeszug des Onlinehandels stieg auch die Nachfrage nach entsprechenden Flächen. „Die Waren müssen geliefert, gesammelt und umgeschlagen werden“, sagt Markus Mendel, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting. „Vor allem für die Innenstadtlogistik und die Bewältigung der berühmten letzten Meile gibt es zumindest in und um Wien noch zu wenige geeignete Flächen beziehungsweise Objekte.“

Kaum Leerstand

Das sieht auch Franz Kastner, Associate Director Industrial & Logistics bei CBRE, so: Zwar befänden sich rund 2,65 Millionen Quadratmeter Logistikflächen in und um Wien. Das sei aber „nicht genug, um die Nachfrage bedienen zu können“, sagt er. Ein zusätzliches Problem sei, dass derzeit weniger als die Hälfte des Flächenbestandes in der Region Wien modernen Standards entspreche. Denn Mieter wollen neben den Klassikern wie der passenden Lage „eine Halle mit ausreichender Höhe, einer entsprechenden Bodentraglast und genügend Platz nicht nur für große Lkw, sondern auch für die vielen zur Auslieferung notwendigen Kleinlaster“, sagt Mendel.

Laut Kastner soll sich das Angebot nun aber sukzessive ändern. Dank der Fertigstellungen in den nächsten Monaten und weiterer Projektentwicklungen in den nächsten Jahren geht er von mehr als 300.000 Quadratmetern an neuen Logistikflächen bis 2022 in und um Wien aus. Sorgen um eine Schwemme müsse man sich allerdings keine machen, wie die jetzt erstmals von CBRE erhobene Leerstandsrate für Logistikimmobilien der Gebäudeklassen A und B in und um Wien zeigt: „Diese liegt derzeit bei lediglich 1,6 Prozent“, sagt Kastner. Nicht nur wegen der hohen Nachfrage, sondern auch wegen des Vorverwertungsgrades werden die Fertigstellungen darauf kaum einen Einfluss haben.

Historisches Allzeithoch

Auch als Assetklasse bei den Immobilieninvestments gewinnen die Logistikimmobilen immer stärker an Bedeutung. „Der Bereich erlebte im ersten Quartal 21 ein historisches Allzeithoch, geprägt von einer rekordverdächtig starken Nachfrage und einer korrespondierenden Preisrallye“, berichtet Mendel. „Bis 2018 hatte diese Assetklasse im Gesamtmarkt einen Anteil von drei bis fünf Prozent. Im vergangenen Quartal lag dieser schon bei 22 Prozent“, verdeutlicht er das Ausmaß der Veränderung.

Allerdings sei dieser starke Anstieg vor allem zwei Großprojekten zu verdanken: dem Verkauf des Amazon-Verteilzentrums in Wien Liesing an die Allianz und dem Verkauf des DHL-Verteilzentrums in Hagenbrunn an AEW. Die Nachfrage sei aber nach wie vor extrem hoch, „man könnte Logistikobjekte verkaufen wie warme Semmeln, aber es sind sehr wenig Flächen auf dem Markt“, sagt er.

Eine Markteinschätzung, die vom Investment-Management-Bereich von CBRE geteilt wird, wo die Assetklasse Industrie und Investment ebenfalls einen deutlichen Sprung gemacht hat und einen Anteil von 29 Prozent an den 603 Millionen Euro hatte, die im ersten Quartal in Immobilien investiert wurden. „Die Investoren wären noch aktiver, aber nach wie vor mangelt es an Optionen“, stellt Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich, fest. Nicht nur die gefragte Assetklasse gelte als krisensicher, auch der österreichische Markt überzeuge durch seine Stabilität. Allerdings habe die Spitzenrendite in diesem Bereich mit einem Rückgang auf 4,2 Prozent leicht nachgegeben und wird nach Fichtingers Einschätzung bis Ende des Jahres noch einmal leicht fallen.

Keine Blase in Sicht

Die Nachfrage werde aber konstant bleiben, ist Mendel überzeugt. „Wir führen fortlaufend Gespräche mit nationalen und internationalen Investoren über mögliche Projekte“, sagt der EHL-Geschäftsführer. Besonders gefragt seien bei Investoren neben klassischen Projekten in sehr guten Lagen mit bonitätsstarken, langfristig gebundenen Mietern immer stärker auch Nachhaltigkeitsaspekte. „Jeder Investor möchte möglichst nachhaltige Immobilien“, sagt der Experte, „da das nicht nur den Endnutzern wichtig ist, sondern wegen der ESG-Richtlinien auch bei Finanzierungen eine immer größere Rolle spielt.“

Darüber hinaus sorge das knappe Angebot vor allem auch innerstädtisch für ungebrochen hohes Interesse bei Investoren. Eine Gefahr der Überhitzung sieht Mendel in keinem nennenswerten Ausmaß: „Meist wird für bereits feststehende Nutzer gebaut, aber ein gewisser Teil der Entwicklungspipeline ist natürlich auch spekulativ. Wenn diese Projekte jedoch in den richtigen Lagen entstehen, funktionieren sie auch.“

Auf einen Blick:

Allzeithoch: Schon 2019 wurden mit Logistikimmobilien 450 Mio. Euro umgesetzt, 2020 gar 500 Mio. Euro.

Volumen: Logistikimmobilien waren die einzigen Immobilien, die ein steigendes Volumen im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen konnten.

Renditen: Wegen der gestiegenen Preise haben sich die Spitzenrenditen von fünf Prozent im Vorjahr auf 4,5 Prozent verringert. Experten gehen davon aus, dass die Renditen weiter auf vier Prozent oder sogar darunter sinken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2021)

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