Justiz

EU-Staatsanwaltschaft: „Einflussnahme wird erfolglos sein“

Damit hier alles rechtens ist, gibt es die EU-Staatsanwälte.
Damit hier alles rechtens ist, gibt es die EU-Staatsanwälte.Konstantin Trubavin / Westend61
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Europas Justizbehörde nimmt ihre Arbeit auf. Ihre politische Unabhängigkeit ist beispielhaft für Österreich, sagt EU-Staatsanwältin Ingrid Maschl-Clausen.

Brüssel. In aller Diskretion hat die Europäische Kommission bei ihrer Sitzung am Mittwoch dieser Woche eine Entscheidung von epochaler Bedeutung gefällt: Sie gab der Europäischen Staatsanwaltschaft grünes Licht, am 1. Juni ihre Ermittlungs- und Strafverfolgungsaufgaben aufzunehmen.

Ab kommenden Dienstag also müssen alle EU-Institutionen sowie die Behörden der 22 teilnehmenden EU-Mitglieder, so sie Anzeichen für strafrechtlich einschlägige Vorgänge im Zusammenhang mit dem EU-Budget wittern, Anzeige bei der neuen Strafverfolgungsbehörde in Luxemburg stellen. Und nicht nur das, betont Österreichs Vertreterin im Kollegium der EU-Staatsanwälte, die Oberstaatsanwältin Ingrid Maschl-Clausen, im Gespräch mit der „Presse“: „Am Tag, an dem wir operativ werden, müssen uns auch alle nationalen Behörden und Staatsanwaltschaften alle Fälle, die sie bearbeiten und die potenziell in unsere Zuständigkeit fallen könnten, vorlegen zur möglichen Übernahme.“ Ihren Schätzungen zufolge werden das 2000 bis eher 3000 Fälle sein. Für die neue Behörde, die derzeit etwas mehr als 120 Mitarbeiter in der Luxemburger Zentrale sowie 88 delegierte Europäische Staatsanwälte in den teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten zählt, ist diese Menge an Altfällen eine große Herausforderung: „Diese Verfahren können wir an uns ziehen. Wir haben uns Kriterien gegeben, wie wir hier priorisieren wollen, denn das können wir nicht alles übernehmen.“

Für eine einmalige Amtszeit von sechs Jahren ist Maschl-Clausen, die bereits europäische Erfahrung bei Eurojust, der Koordinationsstelle für grenzüberschreitende Strafverfahren mit Sitz in Den Haag gesammelt hat, ernannt. Die frühere Sprecherin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schätzt vor allem die politische Unabhängigkeit der neuen EU-Behörde: „Ich muss sagen: Als österreichische Staatsanwältin findet sich die Thematik ,Politische Einflussnahme oder nicht?‘ in der österreichischen Medienlandschaft immer wieder, was österreichische Strafverfahren angeht – einfach deshalb, weil die Weisungsspitze im nationalen Recht ein Politiker ist, nämlich der Justizminister. Das ist bei der Europäischen Staatsanwaltschaft ganz anders. Die ist per Verordnung unabhängig.

Und gerade auch die Person der Europäischen Generalstaatsanwältin lebt das mit Leib und Seele. Diese Unabhängigkeit, sowohl von den EU-Institutionen als auch von den Mitgliedstaaten, wird sehr, sehr hochgehalten: sowohl von den rechtlichen Vorgaben her als auch von den handelnden Personen.“ Nachsatz: „Ob es Versuche der Einflussnahme später geben wird, weiß ich nicht. Ich weiß aber jetzt schon: Sie werden, wenn es sie geben sollte, nicht von Erfolg gekrönt sein.“

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