Jennifer Jones als Emma Bovary 1949 in einer Verfilmung der Ehebruch-Geschichte.
Die Welt bis Gestern

Das Elend von Emma und Eleanor

Die erste englische Übersetzung von „Madame Bovary“ stammt von der Tochter von Karl Marx, Eleanor. Ihr Leben weist erstaunliche Parallelen zur Romanheldin Emma auf.

Wer hat noch nie darüber nachgedacht, ob das denn alles ist, was das eigene Leben zu bieten hat? Das ist der Grund, warum uns Emma Bovary so nahe ist. Sie erwartet mehr, als einer bürgerlichen Landarztgattin im 19. Jahrhundert zusteht, sie will Luxus statt nur gutes Auskommen, sie will Liebe statt die Aufmerksamkeiten eines Einfaltspinsels von Ehemann, sie will aufregenden Sex statt Langeweile im Lehnstuhl: „Mein Gott, warum habe ich nur geheiratet?“ So flieht sie aus der provinziellen Enge und begeht Ehebruch, riskiert damit alles. Am Ende vergiftet sie sich mit Arsen.

Was Gustave Flaubert mit dieser Romanfigur 1856 gelang, war die Schöpfung des modernen realistischen Erzählens. Dass hier ein Autor die Feder führte wie ein Skalpell, mit dem er die bürgerliche Gesellschaft sezierte, stieß damals auf Befremden. Dass ein so „banales“ Thema wie ein unerfülltes Eheleben gewählt wurde, nicht Erhabenes, zumindest Erhebendes, war abstoßend für die Kritiker. Die Dummheiten, die man Flaubert in einem Sittlichkeitsprozess entgegenhielt, sind der Nachwelt erhalten. Es kam zu einem Freispruch mit inkludierter moralischer Verurteilung.

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