Märchenhaft

Yulia Marfutova: Das Ende des Röhrchens

Eine etwas andere Geschichte der russischen Revolution.

Zeit des Wandels. Nicht von Kämpfen ist die Rede, nicht von Ideologien, sondern vom schleichenden Umbruch in einem abgelegenen Dorf des russischen Reiches. Dort ist quasi über Jahrhunderte die Zeit stehen geblieben. Die Menschen leben von der Landwirtschaft und dem, was der Fluss, an dem das Dorf angesiedelt ist, anschwemmt. Das sind neben Treibgut und Fischen auch Waren oder fremde Menschen. Letztere allerdings selten. Dementsprechend wenig weiß man hier vom Rest der Welt.

Yulia Marfutova, 1988 in Moskau geboren, hat in Berlin Germanistik und Geschichte studiert. Für ihren Debütroman hat sie genau recherchiert – und eine märchenhafte Geschichte geschrieben. Anlaufstelle für sämtliche Fragen des Lebens in dem Dorf ist der weißbärtige Ilja. Der ist im Besitz eines Röhrchens mit Quecksilber und weiß als Einziger das Steigen und Fallen des chemischen Elements in dem Röhrchen richtig zu deuten. Damit ist Ilja eine Art Medizinmann, der aber meist nicht mehr als „Mhm“ sagt. Genau darin begründet sich für die Dorfbewohner aber seine Weisheit.

Sein Widerpart ist Pjotr, der die „Röhrchengläubigen“ verachtet und vor ihnen ausspuckt. Er geht jeden Morgen fischen und findet den Fluss zuverlässiger als so ein Röhrchen. Er wird später das erste Opfer der neuen „Realität“, vermutlich weil er einmal zu oft ausgespuckt hat. Davor aber passiert das Ungeheuerliche: Iljas Frau Inna Nikolajewna fällt ein Messer aus der Hand. Jeder weiß: Fällt ein Messer herunter, kommt ein Mann ins Haus. Auf den wartet Iljas Frau ab diesem Zeitpunkt. Es vergehen aber Tage, bis sie im Stall auf einen jungen, zerlumpten Soldaten in Offiziersuniform trifft. Der Fremde wird bleiben und sich mit der Enkelin des Paares anfreunden. Annuschka ist drauf und dran, eine Frau zu werden, und kennt gute Verstecke.

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