Die Radl-Töchter Gerlinde (links) und Gudrun in einem der Erdbeerfelder in Wien Donaustadt. Die Chefs, Manfred und Birgit Radl, haben für ein Foto keine Zeit: zu viel zu tun kurz vor dem großen Erntestart. Und wenn es brennt, muss sowieso die ganze Familie her.
Erdbeeren

Süße Früchte mit Verspätung

In Wien Donaustadt hat sich die Familie Radl mit ihrer Erdbeerwelt auf den Anbau von Bio-Erdbeeren spezialisiert. Wegen der kalten Temperaturen sind die heuer sehr spät dran. Jetzt geht es aber los.

Die Presse/Clemens Fabry

An ein einziges ähnlich spätes Erdbeerjahr kann sich Birgit Radl erinnern: „Vor 30 Jahren, als mein Sohn auf die Welt gekommen ist, da haben wir auch erst Ende Mai angefangen“, sagt die 53-Jährige. In den vergangenen Jahren haben die Radls meist Mitte des Monats begonnen, ihre Erdbeeren zu ernten – manchmal sogar früher. In diesem Jahr hat sich die Ernte wegen des kalten Frühjahrs um zwei bis drei Wochen verzögert. Mittlerweile blitzt einem auf dem Erdbeerfeld in Wien Donaustadt aber schon eine ganze Menge der roten Früchte entgegen. Und es geht los – zumindest im Osten des Landes.

Nach einem langsamen Start fängt nun auch für die Radls die intensivere Ernte an. Seit mehr als 35 Jahren bauen sie inzwischen in Wien Erdbeeren an. Mit ihrer Erdbeerwelt sind sie die einzigen Bio-Erdbeerbauern in der Hauptstadt, sie verkaufen großteils an zahlreichen eigenen Ständen und per Selbsternte. Und das inzwischen im großen Stil: Auf 17 Hektar produzieren sie ihre Früchte an fünf verschiedenen Standorten in der Donaustadt, in Floridsdorf und im angrenzenden Niederösterreich. Wie viele Erdbeerpflanzen das sind, das weiß Birgit Radls Mann, Manfred: Pro Hektar wachsen auf dem Feld rund 40.000 Stück – hochgerechnet macht das fast 700.000 Pflanzen.

„Furchtbar“, sagt Birgit Radl über diese Dimensionen und bricht kurz in Gelächter aus. „Nein, das ist natürlich Spaß. Aber es ist halt sehr viel Arbeit, und kurz vor der Saison ist man immer ziemlich nervös. Wenn es dann einmal rennt, dann geht es eh.“ Heuer eben deutlich später als zuletzt – was für den Anbau noch kein großes Problem ist. „Die Erdbeeren reifen ja Gott sei Dank sehr langsam, weil es kalt ist – und dadurch, dass die unreife Frucht noch relativ hart ist, tut ihnen auch der viele Regen nicht so weh“, sagt sie. „Aber jetzt sollte es langsam schon wärmer werden. Und dann geht es immer recht flott. Wenn die Sonne einmal heraußen ist, dann schieben die wirklich an.“

Angefangen haben die Radls natürlich nicht mit mehreren Hunderttausend Erdbeerpflanzen. Im Jahr 1984 startete Manfred Radl hinter dem Bauernhof in Hirschstetten versuchsweise mit einem kleinen Flecken und einem Erdbeerstand. Der damalige Junior, der auf der Universität für Bodenkultur studierte – immer nur im Winter, im Sommer war zu Hause zu viel Arbeit –, war überzeugt davon, dass es eine Spezialisierung braucht, um als Landwirt langfristig überleben zu können. „Und die Erdbeeren waren immer schon seine Leidenschaft – auch deshalb, weil er sie einfach gern isst“, sagt seine Frau, Birgit, die 1989 dazukam.

Die landwirtschaftliche Tradition der Familie ist lang: Um 1840 zogen die Radls aus dem Marchfeld nach Hirschstetten, wo ihr Hof noch heute steht. Ursprünglich war dieser ein klassischer Mischbetrieb, mit Vieh, Getreide, Gemüse und mehr. „Mein Mann hat als Fünfjähriger noch das Pferd miterlebt und die Kühe“, sagt Birgit Radl. „Dann ist die Stadt gewachsen, und sie haben die Viehwirtschaft aufgegeben.“ Der Schwiegervater baute unter anderem Getreide, Zuckerrüben und Gemüse an. Bis der junge Manfred Radl irgendwann mit seinen Erdbeeren anfing.

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