Bundeskanzler Sebastian Kurz ist auch parteiintern in die Kritik geraten. Doch die Mehrheit in der ÖVP würde sich wohl mit ihm solidarisieren, sollte es zu einer Anklage kommen. Erst eine Verurteilung könnte die Stimmung zum Kippen bringen.
Ganz unberechtigt waren die Sorgen nicht. Eine diese Woche publizierte Gallup-Umfrage bestätigte den Eindruck, den viele ÖVP-Funktionäre zuletzt in Gesprächen mit der umworbenen Bevölkerung gewonnen hatten. 81 Prozent der Österreicher sind demnach der Meinung, dass Kanzler Sebastian Kurz zurücktreten sollte, wenn er der Falschaussage im Untersuchungsausschuss überführt wird. Und auch 62 Prozent der ÖVP-Wähler sehen das so. „Kritisch wird es, wenn der Parteiobmann nicht nur angeklagt, sondern in letzter Instanz verurteilt wird“, sagt ein ÖVP-Funktionär. „Dann muss auch die Partei etwas tun.“ Sprich: sich nach einem neuen Chef umsehen.
Wobei das gar nicht so einfach wäre. Immerhin wird auch gegen die inoffizielle Nummer zwei der ÖVP, Finanzminister Gernot Blümel, ermittelt. In seinem Fall wegen Korruption – was nach Meinung vieler Wähler offenbar schwerer wiegt als eine mögliche Falschaussage: 65 Prozent der von Gallup Befragten wünschen sich nämlich schon jetzt den Rücktritt des Finanzministers. Erschwerend für Blümel kommt hinzu, dass er mit seiner Blockade der Aktenlieferungen zuletzt die Geduld des Verfassungsgerichts und des Bundespräsidenten strapaziert hat.
In der ÖVP will sich vorerst noch niemand mit Was-wäre-wenn-Spielchen befassen. Kaum jemand kann sich vorstellen, dass der Kanzler von einem Gericht schuldig gesprochen wird. Denn das Ende der Ära Kurz ist für türkise Köpfe derzeit denkunmöglich.