Volkstheater

„Der Raum“: Eine Bühne erbebt unter Sci-Fi-Theaterdonner

Wiener Volkstheater
Wiener Volkstheater (c) imago images/SKATA (via www.imago-images.de)
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Das Volkstheater testete am Freitag sein neues AV-Gerät – mit Ernst Jandl.

Das Einweihungsprogramm des renovierten Volkstheaters ist am Freitag bei der Bühnentechnik angekommen: mit einem „szenischen Gedicht“ von Ernst Jandl, das seit seiner Villacher Uraufführung 1973 selten gezeigt worden ist. „Der Raum“ besteht aus 51 Anweisungsfragmenten für Beleuchter und Tontechniker, eine kleine Rampensymphonie: ideal für den Betriebstest mit Publikum.

Dieser beginnt unter Kay Voges Regie schon vor Beginn des schauspielerlosen Stücks: „Surround links, Surround rechts, Portal links, Portal rechts“, tönt es abwechselnd aus den Boxen. Vorn wabernder Nebel, dazu ein melodischer Schwummerton. Mechanisch leiert die Lautsprecherlitanei. Hat sich das Volkstheater in der Lockdown-Zwischenzeit verselbstständigt, ein Bewusstsein entwickelt wie die künstliche Intelligenz HAL aus Kubricks „2001“? Hoffentlich nicht!

Der Vorhang hebt sich wie ein Hangartor, das Leuchtgerät ist aufgereiht. Ein roter Punkt scheint in der Dunkelheit, schon ist man im Visier des Roboterauges: also wirklich „2001“. Oder doch der „Terminator“? Jedenfalls unheimlich. Bleibt es auch, eine halbe Vorstellungsstunde lang. Die Technik (Paul Grilj, Michael Sturm) zieht alle Register. Strahler hüpfen und rotieren, Lichtkegel flackern und küssen sich. Das Zwerchfell erbebt unter Gitarrenriffs und Motorenlärm – an der Garderobe gibt es Ohropax. Auf der Videoleinwand: Einschusslöcher, Schriftzüge („bleibt leer“).

Budenzauber, Industrial-Bombast

Viel konkreter wird sie nimmer, die Poesie. Doch ob der Theaterdonner in Jandls Sinn ist? Die Partitur bleibt unspezifisch, spricht von „augenschock“ und „überschallknall“. Überforderung ist erwünscht. Aber eine Effekteleistungsschau, Industrial-Getöse? (Wobei: Kenner munkeln, dass die Metalurgewalt der Band Nine Inch Nails Jandl im hohen Alter schwer beeindruckt hat.) So oder so: Ein bisserl viel Bombast und Budenzauber serviert diese Sci-Fi-Show. Das macht fraglos Eindruck. Doch den Volkstheaterraum verdeckt es eher, statt ihn hervorzuheben. Sei's drum. Die Scheinwerfer verneigen sich, und es setzt verdienten Applaus gen Technikpult, für die Systemerhalter des Bühnenbetriebs. (and)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2021)

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