Der Zeitplan der Regierung hinsichtlich der Einführung des digitalen Nachweises über die „3 Gs“ - getestet, genesen, geimpft - hält nicht. Grund soll die EU sein.
Was schon vor zwei Wochen befürchtet wurde, ist nun eingetreten. Die Bundesregierung schafft es nicht, den geplanten Starttermin am 4. Juni für den digitalen Grünen Pass zu halten. Der Grüne Pass soll mittels QR-Code den Nachweis einer Impfung, Genesung oder Testung vereinfachen und ab Juli EU-weit funktionieren und vor allem vereinheitlichen.
Vor mehr als einer Woche zweifelte der involvierte IT-Dienstleister des Dachverbands der Sozialversicherungen, IT-SV, in einem internen Papier den Starttermin an. Recherchen der „Presse“ ergaben, dass es zwischen Gesundheitsministerium und den beiden ausführenden Einrichtungen, IT-SV und dem Bundesrechenzentrum, noch viel Klärungsbedarf bei Schnittstellen gab. Ganz friktionsfrei soll die Zusammenarbeit der drei Beteiligten nicht sein.
EU änderte Anforderungen
Als Grund für die Verzögerung nennt das Gesundheitsministerium „kurzfristige Änderungen der technischen Anforderungen durch die EU“. Daher seien auch Anpassungen der nationalen Systeme erforderlich. Auf ein neues Startdatum für den QR-Code legt man sich nicht mehr fest. Nach „Presse“-Informationen wird Mitte Juni gehandelt. Im Ministerium ist viel mehr von einer „schrittweisen Einführung“ die Rede. Eine Sprecherin erklärte der „Presse“, dass der EU-konforme QR-Code Schritt für Schritt auf Impf-, Test- und Genesenenzertifikate aufgedruckt und in einem weiteren Schritt auch als App angeboten werde. Wann was genau kommt sei noch nicht fixiert.
Wie „Die Presse“ erfahren hat, sollen es vor allem die Schnittstellen zu den diversen Testanbietern aber auch Ärzten und Apotheken sein, die eine Inbetriebnahme des Systems verzögern. Das Testsystem für die gesamte Lösung soll am 7. Juni in Betrieb gehen. Neuer angepeilter Starttermin soll der 18. Juni sein. Das würde eine Verzögerung von weit mehr als nur einer Woche bedeuten.
EU-Einigung am 20. Mai
Mit der Einigung der EU-Staaten am 20. Mai ebnete die Union den Weg für ein „digitales EU-Covid-Zertifikat“, wie der Grüne Pass offiziell heißt. Ein einheitlicher QR-Code – ob am Smartphone in einer App oder auch ausgedruckt auf Papier – soll ab Juli in erster Linie das Reisen innerhalb der EU vereinfachen.
In dem QR-Code ist ein sogenanntes Mini Dataset direkt gespeichert. Das bedeutet, der Code verlinkt nicht – wie meist üblich – zu einem Onlinedienst, sondern enthält die Daten, ob man getestet, geimpft oder genesen ist, selbst. Dadurch funktioniert das System auch ohne Internetverbindung und ist datenschutzrechtlich unbedenklich.
Die EU regelt mit dem Grünen Pass vorwiegend den Reise- und Grenzverkehr. Welche Regeln in den einzelnen Mitgliedsländern für Getestete, Genesene und Teil- und Vollimmunisierte gelten, bleibt den Staaten überlassen.
Freies Reisen in der EU
Der von der EU-Kommission ausgearbeitete Kompromiss zum Grünen Zertifikat sieht nun eine freie Reise durch die Europäische Union erst 14 Tage nach der zweiten Impfung vor. Die Bundesregierung hatte sich die Bewegungsfreiheiten bereits 22 Tage nach der ersten Impfung gewünscht – so wie in Österreich.
Ab Juli sind EU-weit einheitliche Reiseregeln geplant, die mit dem Grünen Zertifikat verbunden sindl. Ob ausgedruckt oder per App soll der QR-Code über Impfungen, Tests und Genesungen Auskunft geben. Erstmals wird damit auch die Reise mit Kindern geregelt. Bis zum sechsten Lebensjahr werden sie frei reisen dürfen. Ältere Kinder sollen, wenn sie mit ihren Eltern reisen, keine Quarantäne mehr benötigen. Einzelne Länder können jedoch Tests von dieser Altersgruppe einfordern.
Genesene Personen dürfen bis zu 180 Tage nach ihrer Erkrankung ohne Auflagen reisen, danach benötigen auch sie eine Alternative (Test oder Impfung). Getestete Personen dürfen mit einem PCR-Test 72 Stunden lang und mit Antigentest 48 Stunden lang in andere EU-Länder einreisen. Möglicherweise benötigen sie je nach nationalen Bestimmungen danach regelmäßig beziehungsweise spätestens bei der Ausreise neuerliche Tests.
Die Mitgliedstaaten können bei regionalen Clustern in Partnerländern diese Reiseerleichterungen kurzfristig aufheben. Als Grundlage sollen die Auswertungen für die Corona-Ampel herangezogen werden, die vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ständig aktualisiert werden.
Ungeklärt ist, welche Regeln für Reisende aus Drittländern gelten sollen. Italiens Regierung will Bürgern etwa aus den USA oder Kanada dieselben Rechte wie EU-Bürgern einräumen.
(APA/mare/red)