Oper

Groissböcks "Tristan-Experiment" in der Kammeroper

Kristian Kaiser, Juliette Mars, Kristian Johannsson und Norbert Ernst.
Kristian Kaiser, Juliette Mars, Kristian Johannsson und Norbert Ernst.(c) Herwig PRAMMER
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Der Baßbariton realisierte eine gekürzte, umgedichtete kammermusikalische Version von Wagners Liebesdrama.

Regie zu führen, aus einem schon vorhandenen Kunstwerk ein neues zu schaffen, das Original dabei zu erhalten und trotzdem weiterzuentwickeln, das ist ein heikles Geschäft. Günther Groissböck, österreichischer Bassbariton von Weltrang, Bayreuth-erprobt und nicht zuletzt einer der führenden Interpreten des König Marke, hatte wenig Skrupel, Richard Wagner umzukrempeln. Die Oper heißt nun „Tristan Experiment“ statt, wie gewohnt „Tristan und Isolde“. Doch die Idee, in die Handlung noch die Affäre Richard Wagners mit Mathilde Wesendonck einzubauen, ging nicht ganz auf.

Groissböcks Stück beginnt in einem Labor. Zwei Probanden werden im Experiment zu Tristan und Isolde, während das Vorspiel in ungewohnt filigraner Ausführung erklingt: Das Wiener Kammerorchester spielte sich anlässlich der Premiere unter Hartmut Keil in kleiner Besetzung (inklusive Akkordeon!) bald in die Herzen des Publikums: Wagners Musik lebt ganz offenbar nicht nur vom Klang eines riesigen Orchesters.

Liebesnacht mit Tinte und Feder

Die Metamorphose der Probanden zu Isolde und Tristan, und weiter zu Mathilde und Richard, gelingt natürlich mit dem Liebestrank. Er ist hier ein Gläschen Tinte, das gemeinsam mit einer omnipräsenten roten Feder eine Geschichte symbolisieren soll, die von den beiden Protagonisten gemeinsam geschrieben wird. Das verkopfte Wechselspiel vollzieht sich immerhin optisch geschickt mit einem Farbenwechsel des weißen Kubus' auf der Bühne.

Die kräftigen Kürzungen führen zum direkten Übergang in die Liebesnacht, szenisch platonisch gestaltet, während das Orchester eine autoerotische Klangorgie entfesseln darf. Auf der Bühne bleibt eine kurze Berührung der Hand das höchste der Gefühle. Vokal hingegen sorgten Norbert Ernst (der im Profil erstaunliche Ähnlichkeiten zu Wagner aufweist!) und Kristiane Kaiser für mächtig Gänsehaut.

Wie in Wagners Original reißt auch im „Experiment“ Groissböcks Auftritt als Marke die Liebenden aus allen Träumen: Diesmal ist er kein König, sondern der grimmige Versuchsleiter, der Tristan dazu treibt, sich mit der roten Feder die Adern aufzuschneiden. Solch schwer entzifferbare Symbole blieben am Abend keine Seltenheit; ein immer wieder auftauchendes Tablett und zwei Büchlein, in denen die Liebenden ihre Geschichte niederschrieben, tauchten neben der Feder immer wieder auf und sorgten für einiges Kopfzerbrechen.

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