U-Ausschuss

Die ÖVP greift erneut die WKStA an

Bettina Glatz-Kremsner
Bettina Glatz-Kremsner(c) Helmut Graf / Heute / picturedes (Helmut Graf)
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Casinos-Chefin Glatz-Kremsner schloss mit der FPÖ einen Glücksspieldeal, der nicht hielt. Die ÖVP wirft dem Staatsanwalt „Befangenheit“ vor.

Der Ibiza-U-Ausschuss ist im Endspurt. Sechs Wochen haben die Abgeordneten noch Zeit, sich durch Aktenberge zu wühlen. Am Freitag kam die vorerst letzte Aktenlieferung, zumindest was die strafrechtlichen Aspekte betrifft, sie bringen ein paar neue Erkenntnisse.

Zum Beispiel, dass die Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner den Vorwurf der Falschaussage im U-Ausschuss mit ihrer kürzlich getätigten Zeugenaussage bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eher schlimmer als besser gemacht hat. Punktuell gab sie sogar zu, nicht ganz bei der Wahrheit geblieben zu sein. Sie sagte, sie wolle dafür die Verantwortung übernehmen. Insider rechnen mit einer Anklage im Herbst. Aber auch eine Diversion wäre denkbar.

FPÖ-ÖVP-Poker

Im Rahmen der Ermittlungen wurden auch bisher unbekannte Deals zwischen ÖVP und FPÖ in Dingen Glücksspiel bekannt. Ex-FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache hatte sich für seinen Freund, den Pokerkönig Peter Zanoni, starkgemacht. Zanoni betrieb Pokerhallen und weigerte sich jahrelang, gewisse Abgaben zu bezahlen. Er hat nun zig Millionen Euro Schulden beim Staat. Er musste seine Spielhallen vergangenes Jahr zusperren. Strache wollte eine Gesetzesänderung, damit Zanoni weniger Abgaben bezahlen muss und sein Geschäft weiter betreiben kann. Darüber berichtete „Der Standard“ zuerst, die Unterlagen liegen der „Presse“ vor. Glatz-Kremsner soll im Gegenzug ein sogenanntes Ip-Blocking gefordert haben. Momentan gibt es nur eine offizielle, österreichische Onlinelizenz für Glücksspiel. Die hält die Casinos Austria. Anbieter gibt es im Netz aber viele, die etwa mit Lizenzen aus Malta arbeiten. Das ist der Casinos schon lange ein Dorn im Auge. Sie lobbyiert seit Jahren, das mittels einer IP-Sperre zu regulieren – und die Casinos so zum Monopolisten zu machen.

Glatz-Kremsner hatte ausgesagt, Zanoni nie getroffen zu haben. Ermittlungen ergaben nun aber, dass sie den Leiter der Rechtsabteilung beauftragt hatte, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag anzufertigen, der dann auch dem Finanzministerium zugekommen war. Die Novelle verlief im Sand, weil Zanonis Casinos pleitegingen.

Es wurden auch weitere Auswertungen aus dem Handy von Öbag-Chef Thomas Schmid geliefert, die von der WKStA extra für den U-Ausschuss angefertigt wurden. Sie liegen der „Presse“ vor. Abgesehen von einigen Peinlichkeiten findet sich dort kaum substanziell Relevantes und Neues. Sie belegen im Grunde, was man schon weiß: Dass sich Schmid seinen Job in der Öbag selbst gezimmert hat.

Die Opposition bekräftigte ihre Rücktrittsforderungen. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch belegen die Chats, „mit welcher Verachtung die türkise Truppe den Menschen im Land begegnet“. FPÖ-Chef Norbert Hofer sagt: „Schmid muss sofort zurücktreten.“

Zankapfel Justiz

ÖVP-U-Ausschuss-Fraktionschef Andreas Hanger glaubt, dass Probleme im Staat offenbar eher woanders liegen und listete bei einer Pressekonferenz am Dienstag die „Fehlleistungen der Justiz“ auf. Er stellt in den Raum, dass SPÖ-Politiker seitens der WKStA geschont würden, Ermittlungen gar nicht aufgenommen worden wären.

Oberstaatsanwalt Matthias Purkart warf er „politische Befangenheit“ vor. Chats mit Gewerkschaftschef Wolfgang Katzian rund um Öbag-Postenbestellungen seien nicht an den U-Ausschuss geliefert worden, weil sie der Staatsanwalt als „nicht politisch abstrakt relevant“ eingestuft habe.

Die Justizministeriumssprecherin wies „unsachliche Unterstellungen und pauschale Vorwürfe, Staatsanwaltschaften würden politisch motiviert agieren, entschieden zurück“. Hanger hatte in der Pressekonferenz beteuert, dass es ihm nicht um eine pauschale Kritik an der Justiz gehe. Aber es müsse „erlaubt sein, auf einzelne Fehlleistungen hinzuweisen“.

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