Reportage

Die Umweltsünden der chinesischen Investoren in Serbien

Chinas Präsident Xi Jinping im Juni 2016 in Serbien. Während dieser Reise weihte er das Werk in Smederevo ein.
Chinas Präsident Xi Jinping im Juni 2016 in Serbien. Während dieser Reise weihte er das Werk in Smederevo ein.REUTERS
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Wie China Arbeitsplätze in der serbischen Schwerindustrie rettete, die Produktion steigerte – und die Gesundheit der Bürger in Serbien gefährdete. Es regt sich Widerstand.

Der rötliche Staub haftet auf Blättern, Windschutzscheiben und Häuserwänden. „Was das Zeug genau enthält, wissen wir nicht. Wir nennen es Stahlstaub“, sagt Nikola Krstić, während er in dem zu Serbiens Stahlstadt Smederevo zählenden Arbeiterdorf Radinac mit dem Finger über die eingestaubte Karosserie eines Kleinlasters streicht. „Fettig“ sei der von glitzernden Kristallen durchsetzte Staub und von den Händen „nicht abzuwischen“, so der 34-jährige Umweltaktivist der „Bewegung Festung“: „Vielleicht ist es ja gesund, wenn sich dieser Staub in unseren Lungen ablagert. Aber sie sollten uns sagen, was es ist.“
175 von 100.000 Serben sterben laut einer 2019 veröffentlichten Untersuchung wegen der Verschmutzung der Luft, der Gewässer und des Bodens einen vorzeitigen Tod – der mit Abstand höchste Wert in Europa. Nicht nur veraltete Kohlekraftwerke oder mit dem Erdölrückstand Masut beheizte Fernwärmekraftwerke lassen die Serben nach Luft schnappen.

„Wollen Luft zum Atmen“

Dass Smederevo an fast einem Drittel der Tage im Jahr eine Feinstaubbelastung aufweist, die alle Grenzwerte übertrifft, hat laut Krstić auch mit dem Stahlwerk zu tun. Seit die chinesische HBIS 2016 das Werk übernommen haben, sei die Produktion „drastisch erhöht“ worden, sagt der Aktivist: „Die veralteten Filter und Entschwefelungsanlagen halten mit der Produktionsausweitung nicht Schritt.“
Jenseits des Bahndamms qualmt weißer Rauch aus dem hohen Kamin. 2012 hatte der Staat das 2003 privatisierte Werk für einen symbolischen Dollar von US-Steel zurückgekauft – und danach bis 2016 jährlich 150 Millionen Euro Verlust eingefahren. Doch seit dem Einstieg der Chinesen hat sich das Werk erneut zum größten und profitablen Exporteur des EU-Anwärters gemausert. Über 5200 Menschen seien im Werk beschäftigt, weitere 5000 Arbeitsplätze in der 62.000-Einwohner-Stadt davon abhängig, sagt Krstić: „Wir sind nicht gegen das Werk, aber für die Einhaltung der Gesetze – und wollen Luft zum Atmen.“
„Ein Gürtel, eine Straße“ ist seit 2013 die Bezeichnung von Chinas Prestigeprojekt einer neuen Seidenstraße. Ob mit neuen Autobahnen, Brücken und Eisenbahntrassen oder der Modernisierung von Kraftwerken und Häfen: Mit Milliarden-Krediten für den Ausbau der Infrastruktur müht sich Peking, weltweit die Transportrouten zu verkürzen und sich neue Absatzmärkte zu erschließen. Der Balkan dient China als Einfallstor nach Europa. Mit der Übernahme verlustträchtiger Staatsbetriebe ist Peking in Serbien in den vergangenen fünf Jahren zu einem wichtigen Investor avanciert.
Doch Chinas neue Seidenstraße ist in Serbien auffällig staubig. Die Erleichterung über erhaltene Arbeitsplätze geht mit Atemnot einher: Auch in der knapp 200 Kilometer von Smederevo entfernten Bergarbeiterstadt Bor sind schwere Umweltbelastungen die Folge drastischer Produktionserhöhungen.

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