Konflikt

Deutsch-russischer Streit im Linienflugverkehr: Flüge storniert

Der Flug des Anstoßes: eine Ryanair-Maschine musste in Minsk notlanden. Blogger Roman Protassewitsch wurde festgenommen.
Der Flug des Anstoßes: eine Ryanair-Maschine musste in Minsk notlanden. Blogger Roman Protassewitsch wurde festgenommen.VIA REUTERS
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Sieben Flüge aus Russland waren annulliert worden. Es war eine Reaktion auf die Blockade deutscher Flugzeuge, die nun gelöst worden sein soll. Auch die AUA landet zumindest die nächsten Tage wieder in Moskau.

Fehlende Fluggenehmigungen im deutsch-russischen Luftverkehr haben zu Stornierungen mehrerer Flüge in beiden Ländern geführt. Für Flüge der AUA-Mutter Lufthansa sei von der zuständigen russischen Behörde keine rechtzeitige Genehmigung erfolgt, teilte das deutsche Verkehrsministerium am Mittwoch in Berlin mit. Deswegen habe auch das Luftfahrt-Bundesamt keine weiteren Genehmigungen für Flüge russischer Airlines erteilt, solange die Genehmigungen aus Moskau ausstanden.

Betroffen waren Flüge der Gesellschaften Aeroflot und S7 am Mittwoch. Am Abend teilte die Lufthansa mit, doch wieder in Moskau und Sankt Petersburg landen zu dürfen. Sie habe inzwischen die Genehmigung für den kompletten Juni bekommen, sagte eine Unternehmenssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Zwei für den Mittwochvormittag geplante Flüge von Frankfurt waren storniert worden wegen der fehlenden Genehmigung. Das Verkehrsministerium in Berlin bestätigte die Erlaubnis am Abend und erklärte auch, dass russische Airlines ab sofort wieder in Deutschland landen dürfen.

Zuletzt hatten Air France und Austrian Airlines einzelne Flüge annullieren müssen, weil sie keine rechtzeitige Erlaubnis russischer Behörden bekamen. Hintergrund der Probleme ist, dass die westlichen Gesellschaften wegen der Umgehung des Luftraums von Belarus (Weißrussland) neue Flugrouten beantragen müssen. Die russische Luftfahrtbehörde hatte erklärt, dass sie wegen der Vielzahl solcher Anträge nicht mit der Bearbeitung hinterherkomme. Der Kreml in Moskau wies Befürchtungen zurück, dass es sich angesichts der Spannungen zwischen der EU und Russland um politische Probleme handeln könnte.

Kein Überflug von Belarus

Die Umgehung des belarussischen Luftraums ist nötig, weil die EU die Ex-Sowjetrepublik für nicht mehr sicher erklärt hat. Der als "letzter Diktator Europas" verschriene Machthaber Alexander Lukaschenko hatte am Sonntag vor einer Woche in Minsk eine Ryanair-Passagiermaschine mit mehr als 100 Menschen an Bord zur Landung zwingen lassen.

Danach ließ er den Oppositionsaktivisten und Blogger Roman Protassewitsch und dessen Freundin, die unter den Passagieren waren, festnehmen. Die EU reagierte mit einem Start-, Lande- und Überflugverbot für die belarussischen Fluggesellschaften. Westliche Airlines wurden aufgefordert, den Luftraum von Belarus zu meiden. Sie müssen deshalb etwa bei Russland neue Routen beantragen.

Hintergrund des deutschen Problems mit Russland war nach Berliner Ministeriumsangaben, dass Moskau im März 2020 wegen der Corona-Pandemie einseitig die bilateralen Vereinbarungen zum Linienverkehr ausgesetzt hatte. Daher würden Flüge zwischen beiden Ländern in verringerter Zahl, teils auf monatlicher Charterbasis und auf der Grundlage der Gegenseitigkeit genehmigt.

Bei Austrian Airlines gebe es unterdessen keine Probleme wie in der vergangenen Woche, erklärte eine Sprecherin der österreichischen Fluglinie am Mittwochabend auf Anfrage der APA. "Für die nächsten drei Tage gibt es russische Bewilligungen", sagte sie. Dies betreffe sowohl Flüge nach und aus Moskau als auch Verbindungen in den Fernen Osten, die über russisches Territorium geführt werden.

Belavia stellt viele Verbindungen ein

Infolge des jüngsten Konflikts mit dem Westen hat die staatliche Fluggesellschaft Belavia aus Belarus unterdessen rund zwei Drittel ihrer Verbindungen streichen müssen. Von ursprünglich 30 Zielen könnten derzeit nur noch neun angeflogen werden, teilte Belavia am Mittwoch auf Facebook mit. Das Unternehmen sprach von "großen Verlusten".

Eingestellt wurden demnach Flüge in EU-Staaten, darunter auch Österreich, sowie nach Großbritannien, Moldau, Serbien und die russische Exklave Kaliningrad, die von den EU-Ländern Polen und Litauen umgeben ist. Verbindungen aus Minsk gibt es demnach weiterhin etwa mit Russland, anderen früheren Sowjetrepubliken wie Armenien oder Georgien, sowie mit der Türkei, Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

(APA/dpa)

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