Kommentar

Die zynische TV-Show des Minsker Regimes

Die EU muss Lukaschenko klarmachen: Er hat eine rote Linie überschritten.
Die EU muss Lukaschenko klarmachen: Er hat eine rote Linie überschritten.(c) imago images/NurPhoto (Andrea Ronchini via www.imago-images.de)
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Die EU muss Lukaschenko klarmachen: Er hat eine rote Linie überschritten.

Es war ein bizarres, unwürdiges Schauspiel, das das Staatsfernsehen von Belarus in Szene setzte: Gezeichnet von Haft und Verhören wurde der Oppositionelle Roman Protassewitsch im TV vorgeführt – zu einem „Interview“, in dem er seine „Schuld“ bekannte und den von ihm stets scharf kritisierten Machthaber, Alexander Lukaschenko, plötzlich mit Lob überschüttete.

„Staatsfeinde“ durch Folter in der Öffentlichkeit zu falschen Geständnissen zu zwingen und zu demütigen, zählt zum brutalen Propagandawerkzeug diktatorischer Systeme. Und so hat das Regime in Belarus mit der scheußlichen, an Schauprozesse erinnernden Schmierenkomödie deutlich bewiesen, was von ihm zu halten ist. Als hätte das Abfangen des Flugzeuges, in dem Protassewitsch saß, dafür noch nicht genügt.

Die USA und vor allem die EU-Staaten zeigten sich immer wieder zurückhaltend bei Maßnahmen gegen den Autokraten in der belarussischen Hauptstadt Minsk. Grund dafür war eine strategische Sorge: Wenn man Lukaschenko die kalte Schulter zeigt, könnte sich dieser noch weiter in die Arme des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, flüchten. Also westliche Außenpolitik gemäß der alten, zynischen Überlegung: Er mag wohl ein Schurke sein, aber er ist zumindest unser Schurke.
Mit seinen jüngsten Aktionen hat Lukaschenko aber ganz klar eine rote Linie überschritten. Und das müssen ihm die EU-Staaten auch deutlich machen.

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