Georgien

Impfen: Wurden europäische Probleme verschwiegen?

Geringes Interesse an Covid-Impfung in Georgien und Armenien
Geringes Interesse an Covid-Impfung in Georgien und Armenien(c) imago images/ITAR-TASS (David Mdzinarishvili via www.imago-images.de)
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Die georgische Impfkampagne gegen Covid-19 in Achalziche begann mit einem tragischen Todesfall. Eine 28-jährige Krankenschwester erlitt einen anaphylaktischen Schock.

Im europäischen Kulturkreis gibt es zwei Länder, in denen eine Durchimpfung gegen Covid unerreichbar erscheint: Armenien und Georgien. In Armenien ist das Interesse so klein, dass der knappe Impfstoff im Mai auch an Ausländer abgegeben wurde. In einer georgischen Umfrage wollten sich 50 Prozent nicht impfen lassen – dabei ereignete sich die größte denkbare Katastrophe erst nach der Umfrage.
Die georgische Impfkampagne mit AstraZeneca begann nämlich so: Der erste Impfling in Achalziche, die 28-jährige Krankenschwester Megi Bakradze, sagte in die Kamera von TV9, man muss sich nicht fürchten, Nebenwirkungen kann jedes Medikament haben. Unmittelbar danach erlitt sie einen anaphylaktischen Schock und starb. Die diensthabende Ärztin Violetta Inasaridze behauptete, sie hätte Megi sofort das möglicherweise rettende Adrenalin injiziert, denn „wir fürchten diesen neuen Impfstoff sehr“. Sechs Tage später gab sie ihre Untätigkeit zu: „Ich dachte, das wäre irgendeine allergische Reaktion, wie ich viele gesehen habe. Sie war ein emotionales Mädel.“

Ich fahre in den Kleinen Kaukasus hinauf. Achalziche, der Hauptort der zur Hälfte von Armeniern bewohnten Südregion Georgiens, liegt auf 992 Höhenmetern, ich muss auf 1245, in Megis Dorf. Die Gegend hieß Meschetien, da hier bis zu ihrer Deportation durch Stalin türkische Mescheten lebten. Heute leben hier ausschließlich die Nachfahren umgesiedelter Georgier.

Ich warte in Unter-Enteli auf den Witwer. Er arbeitet mit Megis Vater am Bau. Auf dem zentralen Jausentisch liegt ein Back-gammon-Brett, „Nardi, das haben wir von den Muslimen“, und „hinter dem Berg da ist schon die Türkei“. 147 Haushalte, „der Boden ist gut, die Leute leben von Erdäpfeln und Kohl“. Man sieht auf das Pausengetümmel im Schulhof, dort sind jetzt auch die Tochter (7) und der Sohn (10) der Toten.

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